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ALLGEMEINE

MEDICIN.

LITERATUR - ZEITUNG

Januar 1840.

BASEL, Druck u. Verlag d. Schweighauser. Buchh.: Der Somnambulismus. Vou Prof. Friedr. Fischer in Basel. Erster Band: Das Schlafwandeln und die Vision. 366 S. Zweiter Band: Der thierische Magnetismus. 272 S. Dritter Band: Das Hellsehen und die Besessenheit. 1839. 8. (3 Rthlr. 1839. 8. (3 Rthlr. 18 gGr.) Bereits sind über 60 Jahre verflossen, seit Mesmer

seine ersten Versuche mit dem thierischen Magnetismus begann, und noch immer stehen wir vor dieser merkwürdigen Erscheinung, wie der Wanderer vor einem ägyptischen Monumente, dessen unbekannte Schriftzüge er nicht zu entziffern vermag, ja sie selbst bedünkt uns wie eine verhüllte Maske, die sich nicht wohl bei hellem Kerzenschein sehen lassen darf; sie hat, wie alle ihr verwandte, dem Nachtgebiete der Natur angehörenden Erscheinungen, etwas Unheimliches, Grauenhaftes für uns, dem man gerne dem man gerne aus dem Wege geht. Mystik, Betrug, Aberglaube sind in ihrem Geleite, darum hüten sich die Verständigen mit ihr zusammenzutreffen und ignoriren sie lieber ganz; sie neckt aber auch, wie der Irrwisch, und diejenigen, die ihr auf ihren dunkeln Wegen folgen, mögen sich hüten, dass sie nicht in einem Sumpfe stecken bleiben, ja bereits hat sie Männer von ausgezeichneten Geistesgaben in eine Region verlockt, wo Teufel und Gespenster ihr freches Spiel treiben, wohin kein heller Tagesstrahl mehr dringt und wogegen sich jeder vernünftige Mensch bekrcu

zen muss.

Und doch gehört diese Erscheinung zu den interessantesten der organischen Physik. Sie zeigt sich uns als ein eigenes, besonderes Leben im Leben, das seinen eigenen Gesetzen gehorcht, unter eigenthümlichen physischen und psychischen Erscheinungen auftritt und nur an losen Fäden mit dem gewöhnlichen Leben des Menschen zusammenhängt. Die Seele erscheint dabei gleichsam in einem ganz neuen, von dem gewöhnlichen verschiedenen Gewande und entwickelt Kräfte der Intelligenz, des Gedächtnisses, der Phantasic, wie sie sonst im Tagesleben nicht beobachtet

werden, und zwar in einer Vollkommenheit, die den Beobachter in Erstaunen setzt.

Die Erscheinung hat es nicht verdient, dass unsere neueren Physiologen hochmüthig und mit Geringschätzung vor ihr vorübergehen, sie hat sich trotz aller Verunglimpfung, trotz alles Betrugs und alles Missbrauchs Bahn gebrochen, sie steht fest auf dem Boden der Erfahrung und ihre Realität kann nicht bezweifelt werden. Sie ist es werth, dass Männer, beseelt von dem wahren Geist der Naturforschung, sich ihrer Pflege und ihrem Schutze widmen und sie den Händen exaltirter Schwärmer, Mystiker und eitler Escamoteurs entwinden. Sie will ruhig geprüft und von allen Seiten beleuchtet seyn, wozu ein und der andere Besuch bei einer Somnambule, ein paar Versuche, die man sich bei solchen Gelegenheiten mit oder ohne Glück vormachen lässt, nicht hinreichen. Wäre sie immer in den Händen von Männern geblieben, wie Wienholt, Heineken, Gmelin u. A., SO würde sie ihren guten Namen erhalten haben und auf dem Wege ruhiger Forschung einem höheren Ziele entgegen gegangen seyn: denn jene Männer suchten die Wahrheit, sie wollten weder täuschen noch Aufsehen erregen, sie suchten die Deutung des wunderbaren Phänomens innerhalb der Grenzen des organischen Lebens, wo sie aufgesucht seyn will, nicht aber in übernatürlichen, mystischen Regionen. Um in ihre merkwürdigen Geheimnisse einzudringen, dazu gehört ruhige, vorurtheilsfreie Forschergabe, Unbefangenheit und Entsagung von allen vorgefassten Meinungen. Da ihre Phänomene eben so gut auf dem physischen als auf dem psychischen Gebiete spielen und Geist, Gemüth und Körper dabei betheiligt sind, so muss man sich eben sowohl hüten, sich in phantastische Träumereien und mystische Vorstellungen hineinziehen zu lassen, als sie mit dem blossen Auge des Physikers betrachten und zergliedern zu wollen. Eben so wenig darf man voreilig und hartnäckig darauf beharren, schon jetzt Alles aus bekannten physischen und organischen Gesetzen erklären zu wollen, oder weil eine solche Erklärung nicht gelingen will, das Ganze oder Einzelnes als Spiel des Betruges und der Täuschung verwerfen. Wenn man bedenkt, zu wie vie

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len Erscheinungen in der Natur der Schlüssel noch. fehlt und wie viele ältere Beobachtungen, die man früher für falsch und unwahr hielt, sich in der Folge der Zeit als wahr erwiesen haben, so sollte man doch vorsichtig und bescheiden in seinen Urtheilen werden.

Betrachten wir indessen die ganze Angelegenheit des thierischen Magnetismus, wie sie gegenwärtig besteht, so kann nicht geleugnet werden, dass sie durch mancherlei Täuschungen und Unrichtigkeiten entstellt worden, und dass es höchst schwierig ist, unter der Menge von unrichtigen, halbwahren, durch Phantasie, Aberglauben und Verschönerungssucht verkleideten Beobachtungen Das herauszufinden, was an der Sache wahr und wirklich bestehend ist. Das beste Prüfungsmittel, um über die Wahr- oder Unwahrheit einzelner Facta zu entscheiden, Beobachtung und Erfahrung, findet hier in den meisten Fällen keine Anwendung. Man kann nicht, wie bei anderen physischen Erscheinungen, willkürlich eine Beobachtung wiederholen, die man schon einmal gemacht hat, man kann nicht jede Somnambule zum Gegenstand eines Versuches machen, der bereits an einer anderen gemacht worden ist, und ebensowenig jeden Beobachter zum Zeugen eines solchen Experiments herbeiziehen. Die Erscheinung tritt unter den verschiedenartigsten Farben und Nuancen auf und sowohl die geistige und physische Individualität der Magnetisirten als des Magnetiseurs bedingt eine Verschiedenheit und einen Wechsel in den einzelnen Vorgängen, die das Feststellen besonderer Facta und die Vergleichung derselben unter sich in den meisten Fällen unthunlich macht. Nur wenige Erscheinungen, die sich bei allen oder doch bei den meisten Somnambulen wiederholen, stehen fest und sind nur noch ein Gegenstand des Spottes für solche Ungläubige, die eben an der ganzen Sache kein gutes Haar finden wollen.

Ein anderes Mittel, sich über die Wahrheit oder Unwahrheit einzelner Facta des thierischen Magnetismus Gewissheit zu verschaffen, würde darin bestehen, dass man die ganze Sache vor das Forum der Kritik brächte. Allein die Zusammenstellung und Vergleichung der verschiedenen vorhandenen Beobachtungen reicht hier wieder nicht aus: denn wollte man manche Beobachtungen deshalb leugnen, weil sie vereinzelt dastehen, so würde man zu weit gehen, indem das, was unter den oben angeführten wechselnden Verhältnissen sich nur selten ereignet und nur selten ereignen kann, deshalb nicht unwahr seyn muss. Die Kritik müsste sich daher vor Allem eines festen Princips zu bemächtigen suchen, mit Hülfe

dessen sie das Wesentliche von dem Unwesentlichen trennte, das Echte von dem Falschen sichtete; dieses Princip selbst müsste den bekannten Gesetzen des organischen Lebens entsprechen und aus ihm müsste sich darlegen lassen, wie die Erscheinungen des thierischen Magnetismus diesen Gesetzen conform sind.

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Allein dieses Princip ist noch nicht gefunden und alle Versuche, ein solches aufzustellen, scheinen mir bis jetzt misslungen. Die wunderbaren Erscheinungen des thierischen Magnetismus wollen sich weder unter die organisch-physischen Gesetze, noch unter die der geistigen Sphäre rangiren lassen; die Sache schwebt zwischen Himmel und Erde. Dass man sich so lange dabei beruhigt hat, sie in das dunkle und stumme Gebiet des Gangliensystems zu verweisen, das man früher nur als den Schlagbaum zwischen den Organen der Vegetation und denen des Bewusstseyns anzusehen gewohnt war, beweist nur, dass man einen an sich dunkeln Gegenstand gerne durch einen eben so dunkeln zu verdecken sucht, wenn man kein Fleckchen findet, durch das man Licht hineinfallen lassen kann. Wie gewisse Nerven, die ursprünglich nur zur Leitung und Isolirung von Gefühlen und Empfindungen bestimmt sind, die Functionen complicirter Organe, wie die des Auges, des Ohres u. s. w. übernehmen, und zwar in einem Grade übernehmen können, wie es diese Organe selbst nicht zu thun vermögen, bleibt eben so unbegreiflich, als wenn man uns zumuthen wollte, zu glauben, als habe Jemand mittelst des Gehirnes geathmet oder mittelst der Lunge verdaut.

Wenn ich die Schwierigkeiten, die mit der Aufklärung und Deutung eines so dunkeln Gegenstandes verbunden sind, hinreichend erwäge, so gestehe ich, dass ich von jedem neuen Versuch, auf dem Wege der Theorie Licht in das Dunkel der magnetischen Erscheinungen zu bringen, im Voraus wenig erwarte, aber auch eben so wenig meine Forderungen an einen solchen Versuch zu hoch spanne. Meine Erwartungen beschränken sich um so mehr, je mehr ich täglich zu bemerkeu Gelegenheit habe, wie oft Versuche zum Erklären mancher Naturerscheinungen von anderer Art gemacht werden, die wie die Eintagsfliegen noch vor Eintritt der Nacht wieder dahin sterben, ohne dass ich deshalb aufhöre, dem menschlichen Geiste die Achtung zu zollen, die man seinem Streben in die Geheimnisse der Natur einzudringen und das Einzelno mit dem Ganzen durch Gesetze des Denkens zu vereinigen, billigerweise zollen muss. Jeder Erklärungsversuch der Art gewinnt in meinen Augen um so mehr

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an Werth, je mehr er geeignet ist, nicht allein allen zu dem Gegenstand gehörigen Erscheinungen die rechte Stelle anzuweisen, sondern auch künftigen Untersuchungen zum Leitfaden zu dienen und den Kreis des Erfahrungswissens zu erweitern.

Auch die Schrift des Hn. Prof. Fischer, über die ich hier zu berichten habe, ist ein solcher Versuch, die Erscheinungen des thierischen Magnetismus zu deuten. Sie umfasst das ganze Gebiet dieses seltsamen Phänomens, stellt an die Spitze des Ganzen eine ganz neue Erklärung und lässt von dem gewonnenen theoretischen Standpunct aus alle einzelnen Erscheinungen eine kritische Musterung passiren, jeder derselben ihre besondere Stelle anweisend. Auch ohne dass man dem Vf. die Richtigkeit seiner Ansicht zugiebt, kann man derselben Originalität und Scharfsinn nicht absprechen; überhaupt aber zeichnet sich die Schrift durch eine ruhige, nüchterne und klare Darstellungsweise, durch eine folgerechte Entwickelung der einzelnen Gegenstände und durch einen geistreichen, lebendigen Vortrag vor vielen andern Schriften aus, die über diesen Gegenstand bereits erschienen sind. Insbesondere auch verdient sie von denen gelesen zu werden, die das Mystische und Aberglaubische, womit der Gegenstand so häufig verkleidet worden ist, von der ganzen Sache zurückscheucht, denn der Vf. gehört nichts weniger als jener obscuren Partei an, weder der Teufel noch seine Verwandtschaft findet an ihm einen Protector und er räumt Erscheinungen, welche an das Uebernatürliche und Wunderbare grenzen, eher zu wenig als zuviel Ter

rain cin.

Der Vf. beginnt seine Untersuchung mit der Darstellung der unzweifelhaftesten Erscheinungsform des Somnambulismus, dem Schlafwandeln, schliesst daran die verschiedenen Formen der Vision, und geht dann erst, nachdem ein breiter historischer Grund gelegt ist, zu den zweifelhafteren Erscheinungen des magnetischen Somnambulismus über. Der Darstellung des letzteren endlich reiht sich als durchgängige Parallele der Krampfsomnambulismus, namentlich der kataleptische Somnambulismus, der gicich dem magnetischen der höheren hellsehenden Stufe angehört, theils ein, theils schliesst er sich ihr an. Im Schlafwandeln unterscheidet der Vf., der Stufe des Erwachens nach, fünf Zustände, nämlich den des Schlafredners, des Traumwandlers, des Traumhandlers, des Nachtarbeiters und des Tagwandlers. Den gewöhnlichen Traum, ohne Mistheilung durch die Sprache, schliesst er aus, aber wohl mit Unrecht, wir mögen ihn hinsichtlich seiner Verwandtschaft mit den

folgenden somnambulen Zuständen oder hinsichtlich seiner Geltung, als Offenbarung eines eigenthümlichen Verkehrs der Seele mit körperlichen Organen oder mit der Aussenwelt betrachten. Keinesweges sind unsere Nachtarbeiten immer ein so buntes, tolles, groteskes Spiel und unser Urtheil und Gefühl dabei so incompetent, wie es der Vf. schildert. Rec. wollte ihm dagegen ganz andere Selbst - Erfahrungen anführen, wenn dazu hier der Ort wäre. So scheinen auch die alten Traumdeutungen, wie wir sie hauptsächlich durch Artemidorus überkommen haben, nicht durchaus verwerflich, sie beziehen sich auf eine eigene Bildersprache der Seele, die sich der Vf., als verwandt mit der plastischen oder vegetativen Kraft, für seine Theorie nicht hätte entgehen lassen sollen. Die Seele spielt im Traum mit Bildern, wie im Tagleben der Witz, wozu nach meinen Beobachtungen, auch im Traumzustande die Ader reichlicher fliesst. Und was sind endlich jene divinatorischen Träume, die sich seit Cicero bis auf unsere Zeit stets wiederholen, anders, als der noch nicht zur Blüthe erschlossene Somnambulismus ?

(Die Fortsetzung folgt.)

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Als Preussen wegen der gemischten Ehen mit Rom unterhandelte, war es zu spät, mit Erfolg zu wirken, wie das die protestantische Kirche schimpflich behandelnde Breve beweist. Als die Regierung den Buchstaben desselben zu ihrem Gunsten und in ihrem Geiste zu deuten versuchte und es so ausführen wollte, da hatte sich die belgische Revolution zwischen Preussen und den h. Stuhl gestellt, und Gregor XVI., von den Gefahren der Revolution im eigenen Lande durch Preussens Mitwirkung befreit, verwarf die preussische Auslegung des Breve und stellte an deren Platz die seinige, die so ziemlich im Sinne Benedicts XIV. ausfiel. Mit Recht macht Hr. v. A. auf den unerträglichen Character jenes Breve aufmerksam. Aber in gewissem Sinne mit eben so viel Recht sagt er, dass die Schuld nicht auf Clemens August hafte, der als Unterthan Roms gehandelt. Er hätte die fernere Consequenz ziehen können, dass das ganze Unheil entstanden sey, weil Preussen it Rouf einer ultramontanon Basis transigirt habe:

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Im achten Abschnitte geht der Vf. zur bürgerlichen Gesetzgebung über die gemischten Ehen über, wobei er sich, wie zu entschuldigen, fast lediglich auf Deutschland beschränkt hat. Ref. hätte jedoch, wie schon oben geäussert, gern gesehen, wenn die Periode vor 1801 auch einige Berücksichtigung erfahren hätte, weil sich darin klar zu Tage legt, wie cntschieden ohne Ausnahme alle deutschen Regie rungen, nicht einmal die geistlichen ausgeschlossen, den biedern vernünftigen deutschen Sinn bewährten, die historische und rechtliche Entwickelung der kirchlichen Verhältnisse des Vaterlandes achtend, mit Beharrlichkeit sich der undeutschen, unhistorischen und rechtswidrigen Curial Principien erwehrten. Mit Recht und Scharfsinn tadelt aber der Vf., dass die deutschen Gesetzgebungen, so entschieden sie auch der römischen entgegentreten, doch gar nicht einig sind in Bestimmung der Confession der aus gemischten Ehen entsprossenen Kinder. Der Vf. aber würde gerade hier seinen Lesern einen grossen Dienst erwiesen haben, wenn er sich auch auf die Preuss. Gesetzgebung über gemischte Ehen eingelassen und über sie ein entschiedenes Urtheil gefällt hätte. In Preussen nämlich steht das prot. und ultramontankath. Princip sich am schroffsten gegenüber, in Preussen kam der Streit zum Ausbruche, hier muss er geschlichtet werden und dies kann am ersten geschehen durch eine unparteiliche Kritik der Preuss. Ehegesetze. Hr. v. A. hatte um so mehr Grund, diese zu liefern, da die ultramontane Partei, gegen die er unverhohlen auftritt, an die Preuss. Gesetze über die gemischten Ehen Alles knüpft, was den Staat und die prot. Kirche verletzt.

Die beiden letzten Abschnitte der Schrift betrachten die gemischten Ehen ans dem Standpunkte der Humanität und des unabweisbaren Zeitbedürfnisses in sittlicher, kirchlicher, religiöser und geselliger Beziehung. Sie bilden den schönsten und interessantesten Theil der Schrift, ausgezeichnet durch gewandte und geistreiche Darstellung, durch eine richtige und tiefe Erfassung der Geschichte und des Christenthums und eine klare, verständige Lebensanschauung. Wenn auch die Gegenwart auf der Vergangenheit basirt ist, so ist sie doch in ihrer innersten Wesenheit vor ihr geschieden und emancipirt, und sie muss, was ihr Noth thut, aus ihrem eigenen Gehalte, nachrer Weise schaffen. Sie steht in entschieden.cm Widerspruche mit der mittelalterlichen Zeit, wo es nur eine,

und

zwar die römische Kirche gab, die überall und in allen Zweigen gebot. Von dieser Kirche und aus jener Zeit stammt jener Curial-Rigorismus, der noch heute Ehen dictiren will, die mit allen Zuständen der neuesten Zeit in absolutem Widerspruche stehen. Recht treffend ist die historische Entwickelung der Charakteristik der drei grossen christlichen Confessionen; die Hinweisung auf ihren gemeinsamen Halt- und Einheitspunkt, der einzig gefährdet und vernichtet sey durch jenen blinden und unchristlichen Fanatismus, der im Athanasius walte, und wie ihn Ellendorf in seinem,,Thomas Becket" geschildert habe. Dass hier ein Einsehen geschehen müsse, sey klar, aber geschehen müsse dieses nicht durch Kampf und Fehde nach Aussen, sondern durch Sorge nach Innen, durch die volle Aufmerksamkeit der prot. Kirche auf die eigene Heerde, durch den inneren Ausbau der eigenen Verfassung und Lehre, durch Beharrlichkeit nicht in dem, was schon unter den Händen entschwunden ist, sondern in dem, was in und vor Gott ist und seyn soll; durch Gerechtigkeit, Wohlwollen und Bruderliebe gegen die Katholiken, wodurch der Protestantismus am besten seine echtevangelische Natur beurkunde. Und starke Bundesgenossen erheben sich hier mit ihm gegen jene ultramontane Form des Katholicismus: der Stand der Wissenschaften und die öffentliche Meinung behaupten gegen denselben ungefähr dieselbe Stellung, wie vor Ausbruch der Reformation: ja in der kath. Kirche selbst hat sich eine bedeutende Reaction erhoben, deren Ziel ist, durch Philosophie und Geschichte dem Obscurantismus zu wehren, die römische Dictatur in die Schranken der Schrift und Canones zurückzuweisen, und jene rohe Unduldsamkeit gegen Andersglaubende zu verdrängen, welche, den römischen Lehrbegriff von vorne als das Gottgegebene, Unfehlbare hinstellend, alles schonungslos verdammt, was nicht in der Gesinnung und dem Willen sondern nur in der Form davon abweicht. Je stärker nun diese dem finsteren Ultramontanismus entgegentretenden Mächte werden, desto mehr wird von den gemischten Ehen auch jener römische Fluch schwinden, und die getrennten christlichen Confessionen werden sich um so bereitwilliger zu den schönsten und festesten Lebensverbindungen die Hände reichen, als gegen die Macht eines römischen Edicts eine Geschichte von 300 Jahren und der Drang und die Noth des socialen Bedürfnisses steht, welches mächtiger ist als

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alle Anatheme der römischen Curie.

E. in B.

1

S

de

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Tages - Ich des Somnambulen eingeschlafen und in ihren Schooss zurückgesunken ist, das wunderliche Spiel beginnt theils mit ihren eigenen krankhaft gelösten Kräften und Fähigkeiten, theils mit den Kräften uud Fähigkeiten des Tages - Ichs, das sie im Schlafe an sich gezogen hat. Seele und Lebens

Bevor der Vf. zur Erklärung der Erscheinungen kraft sind nämlich ein und dasselbe geistige Wesen,

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der ersten Form des natürlichen Somnambulismus oder des Schlafwandelns übergeht, schaltet er eine vorläufige Erklärung des Somnambulismus selbst ein, die, da sie gewissermassen die Stütze und der Träger des ganzen theoretischen Baues des Vfs. ist und ihm als Leitfaden bei der Kritik sämmtlicher Erscheinungen dient, zuvörderst näher betrachtet und beleuchtet werden muss. Die Kraft, die in dem Somnambulen entbunden wird, ihm seine Traumgestalten und Gedanken eingiebt und als schützender Engel bei seinen gefährlichen Irrgängen ihm zur Seite steht; die Quelle, woraus die neuen, dem Tagesleben versagten, somnambulen Kräfte entsteigen; die plastische Phantasie und die instinktartige Intelligenz mit ihrer unwillkürlichen, fremdartigen Gewalt, deren Vorstellungen und Gedanken sich als leibhafte Wirklichkeiten mitten unter die wahrgenommenen Gegenstände stellen und diese verdecken; die Region des somnambulen Gedächtnisses, wohin alle Tageserinnerung hinunterreicht, während sie selbst in sich geschlossen und für das Tagesbewusstseyn wie abgeschnitten ist; das somnambule Gedächtniss selbst, das eben so lebhaft als starr ist, so dass ganze Schriftblätter und Tagesgeschichten wie feste Gemälde vor ihm stehen; der neue Sinn, der nach dem Einschlafen der Tagessiune in ungewohnten Organen hervorbricht, um am Ende die Aussenwelt gleich vollkommen zu vernehmen, wie sie den Tagessinnen offen steht; die Kraft, welche dies Alles in sich schliesst, ist nichts Anderes, als die Lebenskraft und der Somnambulismus nichts anderes, als ein Erwachen derselben zur Seele. Es ist die Lebenskraft, welche im gesunden, natürlichen Zustande in Bewusstlosigkeit und Nothwendigkeit gebunden ist, die sich in der somnambulen Krankheit zur Bewusstheit und Freiheit löst, und nun, nachdem das

das sich nur auf verschiedene Art äussert, beide sind die Eine, untheilbare Menschenseele, die sich nur auf verschiedene Weise mit dem körperlichen Stoffe verbunden hat. Die Unterschiede beider haben keine feste Grenze, sondern laufen bei näherer Betrachtung unmerklich in einander. Es ist wohl im Allgemeinen richtig, dass die Seele das Nervensystem, die Lebenskraft die übrigen Organe bewohnt, allein die eine ist so wenig ganz von dem Territorium der andern ausgeschlossen, als die andere. Der Schein des Fremden, welcher an den Verrichtungen der Lebenskraft hängt, kommt theils von ihrer bewusstlosen Nothwendigkeit her, theils aber gilt die Unterscheidung dem körperlichen Stoffe. Dieser ist es, den wir meinen, wenn wir den Körper von uns unterscheiden, denn er bleibt, wenn Seele und Lebenskraft sich von ihm trennen, um zu einem höheren Leben als reiner Geist, der sie nach Abtrennung von dem körperlichen Stoffe sind, überzugehen, als todter Rest zurück. Von der verschiedenen Verbindung mit diesem körperlichen Stoffe rührt nun auch der Unterschied der bewusstlosen Nothwendigkeit der Seele als Lebenskraft und ihrer bewussten Freiheit als Seele und Geist her, welcher übrigens durchaus nicht strenge ist. Er erklärt sich nämlich durch die verschiedene Verbindung, in welcher die Seele, als Lebenskraft in den nicht nervösen Organen, und als Seele und Geist in dem Nervensystem, mit dem körperlichen Stoffe steht, indem sie als Lebenskraft eine ungleich innigere Verbindung damit eingegangen und eben damit sich zur Bewusstlosigkeit und Nothwendigkeit gebunden hat, während sie im Nervensystem loser und ungebundener sich bewegt und eben damit theilweise bewusst und frei sich äussert. Der Somnambulismus erweisst sich als eine Entbindung und

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