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ALLGEMEINE LITERATUR ZEITUNG

RÖMISCHE LITERATUR.

März 1840..

LEIPZIG, b. Barth: Marcus Tullius Cicero's sümmtliche Reden von Reinhold Klotz u. s. w. (Fortsetzung von Nr. 45.)

Mit Recht hat Klotz zu cap. 4. §. 11 sich gegen die

erklärt, die in den Worten, mit denen Cicero eine Hauptbestimmung der lex Cornelia de sicariis anführt, modo tilgen wollten, ohne Autorität der Handschriften, nur um dem Cicero einen eleganten Ausdruck zu schenken. Nicht leicht kann ein Leser die Worte quae non hominem occidi, sed esse cum telo hominis occidendi causa vetat anders verstehen, als dass die lex nicht die Tödtung eines Menschen verbiete, sondera cine Waffe zu führen, um einen Menschen zu tödten. Das wäre aber eine capitale Verhuuzung des Gesetzes. Wir wissen hinlänglich, dass die lex verbot erstens einen Menschen zu tödten, zweitens eine Waffe zu führen in der Absicht einen Menschen zu tödten, vgl. Sunio Obss. ad leg. Corneliam de sicariis, Part. I. p. X. sqq. Cicero hat hier Grund das esse cum telo h. o. c. hervorzuheben, um daraus e contrario zu schliessen, dass das cum telo esse sui defendendi causa und das gehörige Gebrauchen des telum zu diesem Zweck auch gesetzlich, nicht bloss nach dem natürlichen Grundsatz der Nothwehr erlaubt sey, daher gebraucht er auch non modo-sed, nicht non modo-sed etiam, und es ist hier non modo - sed nicht anders zu fassen, als überall. Die Worte bedürfen, wie K. auch bemerkt, keiner Erklärung, die, welche er aber nichtsdestoweniger hinzufügt, kann leicht Irrthum veranlassen. K. übersetzt nämlich: was nicht einfach einen Menschen zu tödten verbietet, sondern eine Waffe, um einen Menschen zu tödten, zu führen", und die hinzugefügten Bemerkungen scheinen auch zu verrathen, dass nach K's. Meinung Cicero nur die Absicht zu tödten hervorhebe. Cicero hatte gar nicht nöthig, das Gesetz zu verdrehen, und wie konnte er das auch bei einem so bekannten Gesetz wagen? Es war ihm genug hervorzuheben, dass das Gesetz die voluntas dem eventus gleich stelle.

Nur in der Beziehung kann man die Absicht zu tōdten als das Wesentlichste des Gesetzes ansehen, weil das occidere geschehen seyn musste cum animo occidendi. Daher heisst es in der von K. zu cap. 7. S. 19 angeführten Digestenstelle 1. 14. D. ad leg. Corn. de

sicur.:,,In maleficiis voluntas spectatur, non exitus.""

Zu der Rede pro Roscio Amer. (Bd. I. p. 591) bemerkt K. über dieselbe lex Corn. de sicariis nach Zachariae Sulla II. p. 21, die Härte dieses Gesetzes habe wohl darin bestanden, dass der Versuch des Verbrechens der vollbrachten That gleichgestellt worden sey. Zachariae behauptet dies mit Verweisung auf jene 1. 14, von dieser sagt aber K., dass sie einen allgemeinen Grundsatz des römischen Strafrechts ausspreche. Wie kann denn darin Härte eines Gesetzes liegen, was allgemein Grundsatz war? Da das vorliegende Werk sehr viele Leser finden wird, die gar nichts vom römischen Strafrecht wissen, so hätte jener Grundsatz genauer erklärt werden müssen, denn sein richtiges Verständniss ist für mehrere Stellen in Ciceros Reden von Bedeutung. Welche Schwierigkeiten und Bedeuken aber mit diesem so verschieden von den Römern ausgedrückten Grundsatz verknüpft sind, zeigen manche neuere Schriften, wie Weiske Hochverrath und Majestätsverbrechen, Zirkler über denselben Gegenstand, Luden über den Versuch des Verbrechens u. A., vergl. Schrader ad S. 3. I. de publ. iud., der indess den Ausdruck moliti sunt nicht richtig zu fassen scheint. Zu cap. 5. §. 12 der Rede pro Milone bemerkt K. richtig, der Ausdruck contra rem publicam esse factum sey stehende Formel gewesen, um zu bezeichnen, dass etwas staatsgefährlich sey. Es giebt dafür viele Belege, aber ein Beispiel wie Cic. epp. fum. 8, 8, 6 und ad Q. fr. 2, 3, wo der Ausdruck in wörtlich mitgetheilten Scta vorkommt, wäre nicht überflüssig gewesen. Zu cap. 6. §. 14 führt K. nicht so viele leges auf als andere Interpreten, und das hat seinen guten Grund. K. nennt nur die lex Plotia de vi. Aber Cicero gebraucht den Plural veteribus legibus und vorher cap. 5 erant enim leges, erant quaestiones vel de caede

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vel de vi. Mit Sicherheit wäre also wenigstens die lex Cornelia de sicariis zu nennen gewesen. cap. 7. §. 17 macht K. eine sehr gute Bemerkung über die Wortstellung, nämlich über die Hintenanstellung des Namens in den Worten: cum ornatissimum equitem Romanum P. Clodius M. Papirium occidisset. Die Richtigkeit der Bemerkung bestätigt sich an vielen Stellen der Schriften Ciceros, z. B. pro Sestio 22 und 34 init., pro Rabir. perd. 9 init., pro Quinct. 6, pro Mur. 36, divin. in Cacc. 7. Auch der Anfang des cap. 7 dieser Rede (pro Mil.) gehört in diese Classe. Hr. K. hat sich ein ganz besonderes Verdienst um die Restitution der richtigen Wortstellung in Ciceros Schriften erworben, und hierin war eben sehr viel zu thun, denn es ist nichts mehr in den Classikern von den Abschreibern corrumpirt worden als eben die Wortstellung. Diese suchten sie recht gewöhnlich zu machen. K. hat hierbei auch das Verdienst, auf das Deutlichste gezeigt zu haben, dass die Wortstellung nicht Nebensache und Kleinigkeit ist. Bei einem grossen Redner ist dergleichen nicht Kleinigkeit. Aust dieser genauen Beachtung der Wortstellung sind auch eine sehr grosse Zahl der Varianten zu erklären, die K. mittheilt, und die Manchem als zu unbedeutend erscheinen mögen. Mit der Wortstellung steht die Interpunction in genauem Zusammenhang. Auch hiefür hat K. viel gethan, an manchen Stellen wohl So scheint mir in der Rede pro Mil. cap. 2. S. 5 das Fragezeichen nach non possumus jedenfalls unpassend, auch wohl nach laboriosius.

zu viel.

Von der Rede pro Plancio haben wir bekanntlich die für die Kritik von Cicero's Reden epochemachende Bearbeitung Wunders. Von keiner anderen Rede besitzen wir eine solche Specialausgabe. Klotz kriti sches Verfahren wird am klarsten dem Wunder'schen gegenüber, man kann diese beiden Kritiker als Antipoden ansehen. Dies geht sowohl aus der Recension hervor, die Klotz 1832 über Wunders Planciana schrieb, als aus der vorliegenden Ausgabe. Wunders Verdienste hervorzuheben, kann hier nicht der Ort seyn; dass sein Scharfsinn ihn vielfach zu Spitzfindigkeiten führt, die Bemerkung muss man oft machen, wenn man die Kritik von Klotz vergleicht. Cap. 1. §. 1 hatte Gruter aus Handschriften fauturos aufgenommen, was sehr verkehrt war, aber eine Anführung hätte diese Variante wohl bei K. verdient, da er doch manche unbedeutende Varianten angibt, wie zu cap. 4. S. 11 ac fluctibus für et fluctibus. Die handschriftliche Autorität ist gegen fauturos entschiedener, als

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Wunders Grund, Cicero habe, da die Reden der Ankläger schon gesprochen waren, nicht im Futurum sprechen können, die Anklage würde unterstützt werden von seinen Feinden und Neidern. Allein Cicero drückt sowohl im ersten Satz quom · - viderem, als im zweiten quom audirem seine früheren Gefühle aus, was er gesehen und gehört in der Zeit als die Klage anhängig gemacht sey. K. schreibt wie Wunder nach dem Cod. Bavar. favitores statt fautores. Garatoni und Orelli haben sich für die gewöhnliche Schreibart fautores entschieden. Garatoni bemerkt, dass zu cap. 23 unserer Rede auch aus dem Cod. Bav. nicht die Variante favitores angegeben sey; diese Form, welche nicht einmal Sallust habe, sey von einem alterthümelnden Abschreiber an unserer Stelle dem Cicero aufgebürdet worden. Wunder dagegen behauptet, seltene und alte Wortformen seyen gewöhnlich von den Abschreibern mit den gewöhnlichen vertauscht worden. Es wäre aber zu beweisen gewesen, dass die Form favitores zu Ciceros Zeit nicht ungewöhnlich war, denn sonst ist sie dem Cicero nicht zuzuschreiben, der seltene Formen nicht. sucht. Wunder ist wenigstens consequent, denn er hat auch cap. 23. §. 55 favitores aufgenommen, freilich ohne hier die Abweichung von den Handschriften anzugeben. Klotz dagegen hat an der letzteren Stelle fautores geschrieben; hat denn aber Cicero im Beginn der Rede blos des Pathos wegen die alte Form gewählt, sonst sich dem gewöhnlichen Gebrauch angeschlossen? Wunder und Klotz haben sich bemüht eine alterthümliche, von der gewöhnlichen abweichende Orthographie des Lateinischen einzuführen, nur geht Wunder hierin weiter (putandumst, quaest, necessest, aput, set u. dgl.) und ist consequenter als Klotz, bei dem sich inicum, iniquom, iniquo, propincum, propinquom, aecus, iniqua neben einander findet. Was nützt es aber, selbst wenn man so weit geht als Wunder, einzelne Formen anders zu schreiben, als bis jetzt geschehen? Cap. 3. §. 6 hat der Cod. Erf. ad quam me causa ipsa vocat, der Cod. Bav., der älter ist, hat ipsa nicht. K. hat hier keine Variante angegeben, sondern ipsa ohne Bemerkung aufgenommen. Mir scheint die Sache nicht so unzweifelhaft; die Gründe, welche Wunder für die Beibehaltung des ipsa anführt, sind gewiss nicht schlagend. Er schreibt nämlich: Cum perspicua ratio sit, qua omitti ab librario pronomen potuerit, obscura autem, cur quis addendum iudicarit, mihi quidem retinendum videtur. Nec vero inutilest. Au

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get enim oppositionem, quaest inter verba ad quam tu me vocas et ad quam me causa deducit. Warum soll denn aber der Gegensatz hier stärker hervorgehoben werden, der so vollständig, wie nöthig, ist ohne ipsa? Orelli deutet zu dieser Stelle einen Nothbehelf an für solche Zweifelsfälle, wenn er sagt: in alteram partem, copiae nimirum retinendae, fere peccare malim. Cap. 3. §. 7 hat K. wohl richtig geschrieben. Quid tu? anne dignitatis. Als Variante gibt er nur an: Quid? tu dignitatis. Wunder hat die verschiedenen Lesarten angegeben und geprüft und schrieb: Quid, tune dignitatis. Verdiente denn diese Lesart nicht einen Platz? In dem Commentar (I. p. 638) hat K. cine Uebersetzung oder Sinnangabe von cap. 3. §. 8: Patres apud maiores tenere non potuerunt, ut reprehensores essent comitiorum etc. gegeben, allein der Ausdruck,, eine Volksversammlung zu tadeln und zurecht zu weisen" ist keinesweges gut zu nennen. Reprehendere ist ursprünglich von hinten anfassen oder nehmen, reprehendere factum ist demgemäss etwas, was geschehen ist, ungeschehen zu machen suchen, redressiren; der Ausdruck ist also an unserer Stelle (vergl. de leg. agr. II. cap. 11) so viel als irrita facere comitia. Ohne auctoritas patrum konnte der gewählte magistratus sein Amt gar nicht antreten (non gerebat is, qui ceperut). Mit dem an dieser Stelle von Cicero ausgesprochenen Satz, dass die Richter nie grössere Macht haben dürften als der populus in den Comitien, steht im geraden Widerspruch, was Klotz zu cap. 33. §. 79 dieser Rede (nach Adam und Middleton) bemerkt, es sey nicht unwahrscheinlich, dass Laterensis, wenn er des Plancius Verurtheilung bewirkte, als pruemium legis die Aedilität erhalten müsste. Wäre diese auf keinem alten Zeugniss und keiner Analogie beruhende Annahme richtig, so hätte in diesem Fall das Richterconseil dem römischen populus seine magistratus gesetzt, vgl. Zimmermann's Zeitschrift für Alterthumsw. 1836. Nr. 125. p. 1005. Hätte K. hier den Ferratius consultirt, den er sonst so fleissig gebraucht, so würde er nicht in diesen Irrthum verfallen seyn, denn Ferrat. epist. I, 13. p. 57 hat sich schon ganz entschieden gegen Grucchius darüber erklärt. Es ist zu bedauern, dass die Briefe des Ferratius nicht allgemeiner in Deutschland verbreitet sind, sie enthalten den besten und reichhaltigsten sachlichen Commentar zu Ciceros Reden, den wir überhaupt besitzen und es ist zu verwundern, dass dieselben in unserer Zeit, da so manches alte Werk neu edirt ist, nicht über

arbeitet und nachgedruckt sind. - Zu cap. 8. §. 20 S. geht K. leicht über einen schweren Punkt hinweg, indem er in Bezug auf Ciceros und Tacitus (Ann. XI, 24) verschiedene Angaben über den Geburtsort des Ti. Coruncanius blos Wunders Vermuthung anführt, dass derselbe zu Camerium geboren, von den Tusculanern aber mit ihrem Bürgerrechte beschenkt sey. Es wäre dies von Wunder zu beweisen oder wahrscheinlich zu machen gewesen. Als reine Vermuthung ist diese Erklärung nicht zu gebrauchen, denn Ti. Coruncanius wird hier neben dem M. Cato und den Fulviern als Tusculaner genannt, und diese stammten wirklich aus Tusculum. Wenn man sich den von Wunder gesetzten Fall denkt, so wäre Coruncanius wohl dem Rechte nach municeps Tusculanus gewesen, aber nur die Cameriner konnten sich über seine Auszeichnungen so freuen, wie die Tusculaner über die des Cato und der Fulvier. Das ganze Capitel spricht gegen die Annahme Wunders, denn alle historischen Data desselben beziehen sich auf das Verhältniss der Ortschaften zu den aus ihnen Entsprossenen. Warum sollen sich aber die alten Schriftsteller nicht auch einmal geirrt haben? Wer irrte aber, Tacitus oder Cicero? Tacitus ist Historiker und in dergleichen sehr genau und die Stelle in den Annalen einfache Erzählung einer Thatsache; Cicero nennt sich zwar im cap. 24 dieser Rede non abhorrens a studio antiquitatis, nimmt aber als Redner es bisweilen mit seinen Angaben nicht so genau, entstellt oft mit Absicht, bisweilen aus Irrthum (vgl. Orelli Onomast. Tull. s. v. Coruncanius). Er hatte seine Reden keinesweges immer ganz ausgearbeitet. Orelli ist daher im Onomasticon 1. c. auch geneigt, an unserer Stelle einen Gedächtnissfehler Ciceros anzunehmen, in seiner Ausgabe der Planciana sucht er einen andern sehr ungenügenden Ausweg. Gegen die in der folgenden Anmerkung befindliche Angabe über die Tribuni aerarii ist jetzt Madvigs gründliche Abhandlung über dieselben (Kopenhagen 1838. 4.) zu vergleichen. cap. 14. §. 33 spricht K. zu allgemein von Gesandschaften, die der Consul im Februar in den Senat einzuführen gehabt, und eben so allgemein im Register; genauer Bd. 2. S. 712 sq. Es wurden allerdings auch zu andern Zeiten Gesandschaften vom Senat angehört, aber im Monat Februar musste der Senat vorzugsweise die legati der Provinzen und abhängiger Völker in Friedenszeiten annehmen. Ob die Gesandten des Jugurtha im Februar nach Rom geschickt sind, ist nicht gewiss. K. hat sich hier von den fru

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heren Interpreten verleiten lassen. Zu cap. 15. S. 36. referirt K. nach Wunder über die Judices editicii. Die kurze Relation kann leicht zu dem Irrthum veranlassen, als ob die editio indicum immer gerade in der für das iudicium de sodaliciis durch die lex Licinia bestimmten und aus der Planciana erkennbaren Weise statt gefunden. Allein obgleich der Unterschied der Einsetzung der Richter per editionem und per sortitionem im Wesentlichen immer derselbe war, war doch die editio in den verschiedenen Fällen verschieden, z. B. nach der Servilia repetundarum eine andere als nach dieser lex Licinia de sodaliciis vgl. auch Schol. Bobiens, ad cap. 16. (p. 262 Orelli.). Und die Art der editio scheint keineswegs immer genau durch die Gesetze festgesetzt gewesen zu seyn, sondern das consilium iudicum konnte darüber bestimmen, wie über so manches Andere, was zur äusseren Form der Processe gehörte, z. B. über die Zeit, die der Patronus und überhaupt die Parteien zum Reden haben sollten. In dergleichen Dingen, wenn nicht ausdrücklich in der bezüglichen lex darüber verordnet war, konnte das Richterconseil dem Beklagten streng oder gnädig seyn. - Das Vorschlagen der Tribus, welches bei Gelegenheit der Judices editicii zur Sprache kommt, kann sehr leicht gemissdeutet werden und wir hätten daher eine Bemerkung darüber von Klotz gewünscht, zumal da Cicero mit Uebertreibung S. 40 den Ausdruck ex omni populo gebraucht. Es ist hier gewiss nicht an die ganzen Tribus zu denken, sondern die selecti judices standen tributim in dem Album des Prätor geschrieben (vgl. lex Servilia repetund, ed. Klenze p. 24 sq.), wenn also vom edere der tribus Terentina die Rede ist, so sind die selecti judices dieser Tribus gemeint. In der Anmerkung zu cap. 34. §. 85 hätte sehr passend das bei Liv. IV, 25 genannte Gesetz über ambitus eine Stelle gefunden. Diess Gesetz (322 a. u. c.) verbot: ne cui album in vestimentum addere petitionis liceret caus 7. Livius fügt hinzu: Parya nunc res et vix serio agenda videri possit, aber für die Sittengeschichte Roms ist diese lex von grosser Bedeutung. K. hat sich an manchen Stellen dagegen verwahrt, dass ihm aus dergleichen Vermissen, die häufig nur auf einer subjectiven Meinung beruhen, kein Tadel erwachsen dürfe, besonders durch die wiederkehrende Bemerkung, dass er nicht Alles erklären wolle, was erklärt werden könnte, allein es steht dem Beurtheiler doch frei, seine Wünsche in dieser Beziehung zu äussern,

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besonders wenn ihm überflüssige Bemerkungen aufgestossen sind. Dahin rechne ich die Worte zu cap. 26. §. 65: „Wir verzeihen es dem jungen Quästor gerne u. s. w." Wichtiger wäre eine Erklärung von societatum auctor und magister zu cap. 13. §. 32 gewesen. Societatis magister wird an einer andern Stelle (Bd. II. p. 168) erklärt, societatis auctor wohl nirgends. Ebenso hätte ich eine Bemerkung über dies venit zum Unterschiede von dies cedit zu cap. 28. §. 68 gewünscht, auch der juristische Ausdruck causam coniicere in cap. 34. §. 83 hätte erklärt werden können, zumal da K. mehrere Ausdrücke für juristische erklärt hat, die es doch eigentlich nicht sind, wenigstens nicht ausschliesslich, z. B. sequi aliquid (Bd. I. p. 592), iugulare (I. p. 596), deprecari (II. p. 854.) Von der lex Licinia de sodaliciis bemerkt K. I. p. 644 sehr richtig, dass sie von den leges ambitus zu unterscheiden sey. Damit stehen aber mehrere Ausdrücke und Acusserungen nicht im Einklang, z. B. I, p. 638, wo nach Wunder die Vermuthung vorgetragen wird, die Strafbestimmung der lex Licinia sey nicht verschieden gewesen von der der lex Tullia de ambitu, eine Schärfung der lex Licinia habe nur im strengeren Verfahren bestanden. Wäre die lex Licinia cine lex de ambitu, so wäre diese Zusammenstellung und Folgerung statthaft. Aber wie sollte eine lex über crimen sodaliciorum eine Schärfung einer lex über das verschiedene crimen ambitus enthalten haben? Es führt zu falschen Vorstellungen, wenn man die lex Licinia, wie es gewöhnlich geschieht, den leges über den ambitus beizählt, und dieses Confundiren schadet auch dem Verständniss derselben Rede. Cicero wirft dem Laterensis vor, dass er ambitus und crimen sodal. absichtlich nicht auseinander halte (S. 36. S. 47). Nach Cic. ad Q. fr. II, 3, 6 wollte schon vor der lex Licinia der Senat für dieses crimen die poena, quae est de vi; und an diese Stelle hätte sich auch Wunder bei der Untersuchung über die Strafbestimmung der lex Licinia mehr anschliessen sollen (vgl. Zirkler das Associationsrecht der Staatsbürger p 69.). Das crimen sodaliciorum ist verwandt mit crimen vis und mit crimen ambitus. Die Zeit der Wahlen der höheren Magistrate waren die Fieberkrisen für den römischen Staat; um die Bewerbung durchzusetzen, wurde ambitus angewendet, um sic recht nachdrücklich zu machen, wurde Gewalt nicht unterlassen.

(Der Beschluss folgt.)

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ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

März 1840.

RÖMISCHE LITERATUR.

LEIPZIG, b. Barth: Marcus Tullius Cicero's sämmtliche Reden von Reinhold Klotz u. s. w. (Bechluss von Nr. 46.)

spricht für dieses Streben diesen Gelehrten ihre Familiennamen statt der zum Theil von ihnen selbstgewählten Gelehrtennamen wiederzugeben, wenn K. es bisweilen nöthig findet, diese allein gebräuchlichen latinisirten Namen den ursprünglichen Namen hinzu

Aus dem zweiten Bande wähle ich drei Reden, die zufügen, wie,, die Schrift von Saumaise (Salmasius)

divinatio in Caecilium, die Rede pro Rabirio perduel- de usuris" oder,,Vettori verschied. Lect. (Victorii var. lianis reo und pro Murena aus.

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In der Einleitung zur devinatio in Caecilium hätte angegeben werden müssen, dass die Reden der sich meldenden Ankläger vor iniurati iudices gehalten wurden. Bei seinem sonstigen Streben nach Präcision ist es auffallend, dass K. Einiges zur Erklärung von divinatio in der Inhaltsangabe vorbringt, und mit Wiederholung des schon hier Gesagten in dem Commentar die Sache ausführlicher behandelt. Mit diesem Streben nach Kürze steht überhaupt Manches in Widerspruch. Ich nenne nur die Art zu citiren, die viel Raum erfordert, z. B.,, man hat beigebracht Diodoros des Siciliers Geschichte". Paullus de verborum et rerum significatione 1. 2 (Digest. lib. L. tit. XVI)". Bei Citaten sind Abkürzungen, so fern sie deutlich sind, wünschenswerth. Ich kann nicht umhin mich entschieden gegen die ganze Citirweise des Hrn. K. zu erklären. Erstens ist keine Gleichheit darin, die Pandecten werden verschieden citirt, die Werke der alten Classiker bald mit deutschen bald mit lateinischen Titeln; so lesen wir I. p. 599 Seneca de clementia neben Cicero über die rhetorische Erfindung und Schrift an den Herennius, dagegen II. p. 654, Plutarch. Apophth. und p. 655, de causis corruptae eloquentiae, ad Herennium, de inventione und Unzähliges der Art. Zweitens ist dies Uebersetzen der lateinischen Titel ins Deutsche sehr unzweckmässig, zumal da es sich gar nicht durchführen lässt. K. hat Plaut. Truculentus nicht übersetzt, dagegen aus Plin. Nat. Hist. Plinius Encyclopädie gemacht, wofür aber auch bisweilen: Plinius Naturgeschichte mit passirt. In ähnlicher Weise citirt K. neuere Werke, und neuere Gelehrte, z. B. Graeve, Manuzzi, Ferracci, wobei denn auch wohl einmal Ferratius u. dgl. zum Vorschein kommt (wie I. p. 568). Nicht sehr

lect.)." Soll man denn auch „,Henry Etienne Schatz der griechischen Sprache" schreiben? So ist es auch eben so wenig zu billigen, wenn K. die Subscriptores Unterfertiger der Anklage oder Klagschrift und an einer andern Stelle Mitunterzeichner oder Unterzeichner nennt. Soll denn auch etwa der,, Bürgermeister Cicero" wieder zum Vorschein kommen?

Im Anfang der Erläuterung der divin. in Caecil. bespricht K. das Wesen der iudicia publica, womit das zu cap. 5. §. 20 (II. p. 643) und Bd. I. p. 474 Gesagte zu vergleichen ist. Diese schwierige Sache scheint weder erschöpfend noch ganz richtig behandelt. Die Verbrechen, welche vor die iudicia publica gehörten, wurden allerdings als Verletzung des Staats angesehen (vergl. Seneca de ira II, 31), aber K. lässt das Interesse der zunächst Verletzten zu sehr gegen das Staatsinteresse zurücktreten. Der Staat verschafft Satisfaction und ist auch selbst unmittelbar dabei betheiligt, aber nicht allein tritt in manchen Fällen die Verfolgung des Privatinteresses sehr stark hervor, und gerade in der Wahl und Befähigung zur Anklage zeigt sich dies, denn bei der Concurrenz mehrerer Ankläger hatten in mehreren Fällen die Verwandten des Verletzten den Vorrang, worin wohl mit Recht ein Ueberrest der Familienrache gefunden ist (Abegg Untersuchungen p. 35 sq.); in einzelnen' Fällen konnte nur der Beleidigte klagen. Die Darstellung bei K. wäre vielleicht genauer geworden, wenn der Unterschied des römischen rein accusatorischen Strafprocesses vom inquisitorischen gehörig beachtet wäre, vergl. Biener Gesch. des Inquisitions - Processes p. 4 sq. p. 8 sq. p. 11. - Für das Einräumen der Anklage nach stattgehabter divinatio bemerkt K. (II. p. 633) kämen die Redensarten delationem nominis dare, concedere, oder einfach

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