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ältere und neuere Dichter liest. man wohl begründete Urtheile, wie über. Ramler (22.), Gessner (194), Sonnenberg (98), Rochlitz (95); hauptsächlich ist es die neuere Dichterschule, deren Antiund Sympathien P. in jüngern Jahren mehr als in den reiferen theilt. Ueber die Schlegel, über Tiek, Arnim, Oehlenschläger und ganz besonders auch über Fouqué (S. 109. 145. 149. 154. 157. 206. 221. 228. 230) wird viel gesprochen und gegen Kotzebue bitterer Hass gezeigt. Höchst interessant sind auch die characteristischen Auffassungen von Städten und Ländern, über Dresden und Prag, Lübeck und Hamburg, die schlesischen Gebirge, die Karpathen, den Rhein und die Schweiz, zu deren Betrachtung P. einen feinen Sinn für Naturschönheiten mitbrachte, der durch öftere, wenn auch nicht sehr weit ausgedehnte, Reisen sehr geübt war. Wir müssen uns auf solche allgemeine Andeutungen beschränken und sie als eine promulsis von dem reichen Mahle betrachten, das jeden Leser erwartet. In dankbarer Anerkennung des schönen Genusses sind wir dem Herausgeber verpflichtet für die grosse Umsicht und weise Zurückhaltung, welche er mit geringen Ausnahmen (in den Briefen an Frau von Voigt wünschte Rec. Manches hinweg) bei der Auswahl gezeigt hat. Zwar sind nicht alle harten Urtheile unterdrückt, wo aber dieselben Lebende betreffen, da sind ihre Namen nur durch die Anfangsbuchstaben bezeichnet und somit Niemand verletzt worden. Vieles scheint leider wegen der Leidenschaftlichkeit P. ganz unterdrückt und besonders aus der Breslauer Zeit eben deswegen vieles weggelassen zu seyn. So ist aller Scandal vermieden, welchen andere derartige Publicationen bösen Andenkens in den letzten Jahren hervorgerufen haben. Fehler sind uns wenige aufgestossen, was bei den eigenthümlich festen und sichern Zügen in der Handschrift P. auch nicht auffallend erscheinen wird, nur S. 34 steht zweimal Getner statt Gesner, S. 137. Wolf für Walch, S. 141 Weiland für Weichert, S. 142 Marx für Marks, S. 243 Wachsmann für Wachsmuth, S. 246. Scholien zu Hekate für Hecabe, S. 322 Passalargua für Passalaqua und andere Kleinigkeiten, die im Druckfehlerverzeichniss wohl hätten bemerkt werden können. So scheidet Ref. von einem Buche, das neben den Lebensnachrichten von Niebuhr als eine der schätzenswerthesten Bereiche rungen der biographischen Litteratur betrachtet werden kann. Der Verleger hat für cine würdige Aus

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stattung, schönes, weisses Papier, klaren und deutlichen Druck Sorge getragen und als zweckmässige Zugabe eine vortrefflich gelungene Lithographie von P. Porträt besorgen lassen. F. A. E.

LEIPZIG, b. Engelmann: An die evangelische Geistlichkeit Deutschlands, insbesondere des Herzogthums Sachsen-Altenburg. 1840. IV u. 75 S. 8. (9 gGr.)

Priesterliche Allocutionen, auch in Rescripten, durch welche die Macht der Finsterniss verjährte Institutionen und Ansichten zu rehabilitiren strebt, sind jetzt einmal an der Tagesordnung: man darf sich daher nicht wundern, wenn auch ein evangelisches Päpstlein sich beigehn lässt, eine solche ex tripode zu halten und in lächerlichem Hochmuth die gesammte Geistlichkeit Deutschlands um sich als,,präsent" (sic) dazu versammeln will. Zwar hat nicht Rom diese Allocution geboren; doch kann sie ihre Werkstatt nicht verläugnen. Das Ganze ist nichts als eine, wie man es von dorther schon gewohnt ist, vornehme Diatribe, um die rationalistische, d. i. die vernunftmässige Auffassung des Christenthums in Abnahme und die, auf blossem positiven Glauben fussende und zu demselben führende, irrationale Behandlung desselben mittels dialektischer Künste und eben so unbewiesener, als unbeweisbarer Behauptungen in Aufnahme zu bringen. So sehr Rec. auch wünschte, dass, dafern Vernunft und Wissenschaft, von welcher der Allocutor seltsame Begriffe zu Tage giebt, das neuevangelische Christenthum bestätigten, dasselbe auch ausserhalb des Zirkels, in welchem es kreist, heimisch werden möchte, so kann er doch kaum glauben, dass Deutschlands evangelische Geistlichkeit und insbesondere die des Herzogthums Altenburg sich durch diesen Aufruf gedrungen fühlen werde, die Bahn der freigewordenen Vernunft und ihrer wissenschaftlichen Fortbildung zu verlassen und zur Fahne des veralteten Aber- und Ueberglaubens und verschollener dogmatischen Ungercimtheiten zu schwōren. Der Vf. wird wenig Proselyten machen und denkende Prediger, der Universitätstheologen gar nicht zu erwähnen, werden sich schwerlich mit der Schmach bedecken wollen, einem Führer gefolgt zu seyn, welcher sie aus den Regionen des Lichtes und der Klarheit in die Labyrinthe und finstern Gänge verbrauchtèr, aber neu aufgefrischter und künstlich zugerichteter Dogmen zu verlocken sucht. Möchte in

zwischen der Allocutor diess immerhin; es geschahe doch nur auf seine Gefahr. Was soll aber der nüchterne und verständige Beurtheiler zu dem anmassenden Tone und zu dem theologischen Dünkel sagen, welcher in diesem Schriftchen herrscht und welchem, unserer Kenntniss vom Stande der Sachen nach, schwerlich ein anderes, in der, durch das bekannte S. Altenburgische Consistorialrescript (vom 13. November 1838) veranlassten Fehde der Oeffentlichkeit übergebenes gleich kommen dürfte? Kaum ist es denkbar, dass ein Theolog der Jetztzeit über die besprochenen Gegenstände sich also, oder auf ähnliche Weise herauslassen könnte. Nur das Befangenseyn in schmählicher Verblendung, oder der unlautere Wille, einer jesuitischen Reaction dienstbar zu werden, erklärt die Zuversicht, mit welcher der Alloc. hier auf und quasi re bene gesta abtritt. Gern würde Rec. ihm den Triumph über den ,,gewöhnlichen" Rationalismus (nach einigen Aeusserungen zu schliessen, muss es auch einen ungewöhnlichen und geheimnissvollen geben, mit welchem der Vf. und seine Schule noch hinter dem Berge hält) gönnen, wenn der Allocutor nur der ratio Stand halten könnte. Aber gerade dieser Huldin ist er abhold, sucht ihren ewigen und nur von einer fantastischen Clique verkannten Ruhm zu verkümmern und, so viel an ihm ist, denselben durch wunderliche Sophistereien zu vernichten. Daher glauben wir auch, er werde weder bei der Mehrheit der evangelischen Geistlichen Deutschlands grosses Glück machen, noch auch bei der altenburgischen insbesondere Gnade finden. Es kann dieser Anzeige weniger darum zu thun seyn, die Verunglimpfungen abzuweisen, in welchen er sich gegen den Dr. Schuderoff und den Archidiac. Klötzner gefällt; oder zu zeigen, dass, so viel aus ihren Schriften hervorgeht, keinem von Beiden beigekommen sey, ihre vorgesetzte Behörde anzugreifen; oder darzuthun, wie schief und ungerecht die Behauptung sey, die rationalistische Predigtweise der Landesgeistlichkeit habe den Separatismus und die Auswanderung nach Amerika erzeugt und deshalb sey es Pflicht für das Consistorium geworden, jenes Rescript an sie zu erlassen. Rec. begnügt sich vielmehr, die Freunde vernünftigen Glaubens zu unparteiischer Prüfung und gerechter Würdigung der Beschuldigungen einzuladen, welche der Allocutor dem Rationalismus mit so vornehmer, dass wir nicht sagen,

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unverschämter Stirn an den Kopf wirft, nachdem sie schon so oft in ihrer Unwissenschaftlichkeit und Nichtigkeit dargestellt sind. Seiner Versicherung zufolge wird der Positivismus und der festgestellte (durch wen? durch den Oberbischof, oder durch eine committirte Behörde?) Schriftglaube vielleicht (ja wohl! vielleicht!) früher, als man sichs versieht, mit ungewöhnlicher Kraft (?) hervortreten. Nur im Stabilen und Positiven findet er Heil für die Kirche; Fortbildung und Fortschritt gelten ihm nichts. Die Ideen von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit haben nach ihm keinen Inhalt, diesen bekommen sie erst durch die Offenbarung und durch Christum, Wer seinen Glauben bekennen will, muss sich nach S. 40 zum objectiven Christenthume bekennen, d. h. zu dem, Gott weiss von wem? festgestellten und bestimmten. S. 52 ergehet an Klötzner das schulmeisterliche Wort:,, das merken sie sich wohl!" was aber Kl. sich merken soll, ist eine Ungereimtheit und so wird ihm zu dieser und vielen andern in der Allocution enthaltenen nichts übrig bleiben, als das credo, quia absurdum est. Nach S. 60,,liegt es am Tage, dass die Trinitätslehre, wenn wir sie eine Lehre nennen wollen, die Centrallehre ist, in welcher das Christenthum (welches?) den vollendetsten Ausdruck seiner Göttlichkeit niedergelegt hat und sich, so zu sagen, als das göttliche Weltsystem darstellt." Nach S. 64,, ergehen über den sogenannten Rationalismus von den verschiedensten Seiten her die (?) Gerichte. Auf dem gesammten Gebiete der Wissenschaft (nämlich der Hegel'schen) ist er im Sturze begriffen; aus der Philosophie (wie? was? Kanu Philosophie ohne Rationalismus, als dem Princip aller Wissenschaftlichkeit, bestehen?) längst vertilgt, kann er auch in der Theologie bereits als todt betrachtet werden; er producirt wenig und was er producirt, ist veraltet" u. s. w. und so hegelt und hagelt es in der Leichenrede fort bis zu S. 66, wo wir von einem,, Fanatismus des Erkennens" lesen, der sich namentlich an der Lehre von Jesu Versöhnungstode offenbaren soll. Von S. 72 hebt ein besonderer Epilog und zugleich ein wahrhaft gewissenloser Angriff auf den Rationalismus an, durch welchen der Vf., selbst mit Hülfe der Züricher Bauern, als würdiger Kampfgenossen in einer wissenschaftlichen Streitsache dem Rationalismus triumphirend das Garaus gemacht zu haben sich rühmt.

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ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

THEOLOGIE.

März 1840.

STUTTGART, b. Schweizerbarth: Geschichte des Urchristenthums, durch A. Fr. Gfrörer, Professor, Bibliothekar in Stuttgart. I. Das Jahrhundert des Heils, 1. 2. Abth. XXVIII, 424 u. 444 S. II. Die heilige Sage, 1. 2. Abth. VIII, 452 u. 336 S. III. Das Heiligthum und die Wahrheit. 417 S. (5 Bände.) 1838. gr. 8. (9Rthlr. 8 gGr.) Zweiter Artikel.

(Vgl. Nr. 1

3 dieses Jahrganges.)

Der Leser wird nach unserem ersten Artikel mehr

auf die verheissenen grossen Resultate dieses Werkes begierig seyn, als auf das weitere kritische Verfahren des Vfs. Wir wollen ihm nun auch die ersteren nicht länger vorenthalten.

Von dem Ursprung des Stifters werden die „,sagenhaften Ansätze" abgestreift und mittelst eines bekannten Pragmatismus wird die dadurch entstehende historische Lücke mit Essäismus ausgefüllt. Jesus, Ben Joseph, sowohl als Johannes der Täufer sind Schüler der Essäer: bei ihrem Auftreten beide Anfangs in gutem, später in zweideutigem Vernehmen, da der Letztere einsieht, dass Jesus seinen messianischen Erwartungen (den politischen nämlich) nicht entspricht. Jesus wendet das mosaische Vorbild (,,einen Propheten wie mich") auf sich an, will das Gesetz vergeistigen, weist jüdisch – messianische Anforderungen zurück, wird ebenfalls zurückgestossen, selbst von seiner eigenen Familie; hat aber Anhänger bekommen, zuerst aus Johannis Jüngern, wirkt durch Heilkräfte, besucht öfter Jerusalem, wo er erst in den vierzigen als Messias auftritt, treibt als solcher die Krämer aus dem Tempel, streitet mit Pharisäern und Leviten, besucht die Samaritaner, spricht geringschätzend vom jüdischen Heiligthum und - thut ein Wunder. Diess ist bei Johannes die Auferweckung des Lazarus, eine Ausschmückung der ,, wahren" Geschichte von dem Jüngling zu Nain, den aber Jesus auch nicht auferweckt, weil er zufällig selbst erwacht. Diese,, That" macht Aufsehen, Jesus wird verhaftet; zwar hatte er von einflussreichen Gönnern,

wie Joseph und Nikodemus, Winke bekommen, dass Judas ihn verrathen werde, er wollte aber sich selbst seinem Berufe opfern. Nun wird er verurtheilt, man lässt es zur Kreuzigung kommen; durch das Geld und die List seiner geheimen Gönner aber wird er früher als Andere vom Kreuze genommen, begraben; ihm selbst unerwartet und unwillkommen wird er aus dem Grabe gehoben, wiederbelebt, zeigt sich vorübergehend seinen Schülern, und zieht sich auf immer unter die Essäer zurück.

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Das ist die Historie vom Urchristenthum: eine Ansicht von Jesu, die im Wesentlichen nicht verschieden ist von derjenigen, welche von jeher gläubige, aber dabei verständige Christen von dem Stifter unserer Kirche gehegt"; ,, auch mit dem Lehrbegriff mancher (welcher ?) christlichen Confessionen lassen sich die geschichtlichen Resultate im Ganzen vereinigen.",,Ihnen (den Bekenntnissschriften) ordne jeder Lehrer seine persönliche Ansicht (diess sind also die historischen Resultate) unter." Was für Hn. Gf. die Kirche im Verhältniss zum Staate sey, haben wir früher angegeben; dass sie aber zur Unwahrheit und Heuchelei selbst wird (denn nicht von den einzelnen Lehrern ist die Rede), das ist ein Ergebniss der nur Wahrheit suchenden historischen Forschung. Schwerlich aber wird je ein „, verständiger" Christ in der historischen Aufklärung es soweit gebracht haben, dass er in dem Stifter seiner Kirche den Betrogenen (von seinen Gönnern) und den Betrüger (gegen seine Jünger) zugleich sah. Diese Erfindung wird das ausschliessende Eigenthum des Vfs. bleiben.

Was sodann jenen längst widerlegten Essäismus des Urchristenthums betrifft, so wollen wir neben dem, dass das N. T. uns nicht die geringste Spur von einem derartigen Zusammenhang, ja nicht einmal von der Existenz der Essäer verräth, nur das anführen, was der Vf. selbst an die Hand giebt. Wenn wirklich ein Zusammenhang mit dem Essäismus Statt gefunden hätte, so würde, wenn auch kein anderer Schriftsteller des N. T., so doch Paulus, der alle christlichen und jüdischen Parteien berührt und selber doch kein Essäer war, irgend einmal Veranlassung

gehabt haben, seiner zu erwähnen; und wenn Eusebius die Therapeuten des Philo für christliche Mönche hält (h. e. II, 17), so ist bekanntlich das Mönchthum eine Abnormität, die sich bei jeder Religion (der jüdischen und brahmanischen) ähnlich bleibt; also auch kein Wunder, wenn die christlichen Mönche späterer Zeit mit den jüdischen der frühern in Manchem übereinstimmen, ohne in näherer Verbindung mit ihnen zu stehen. Die Uebereinstimmung ist aber zufällig und betrifft blos Gebräuche, und diese nicht alle. Josephus sagt: das Oel halten die Essener für Schmutz (der Vf. übersetzt:,, für Etwas Befleckendes"). Dahinter steckt ein Geheimniss. Hr. Gf. zeigt, dass das Ocl im N. T. und bei K. VV. hundertmal in heiligem und gemeinem Gebrauch vorkomme, und dann folgert er (III, 378): weil die,, Verehrung" des Oels den Christen nicht als etwas Neues im N. Test. vorgeschrieben sey, so werde sie als Herkömmliches vorausgesetzt, und stamme folglich aus dem Essäis

mus.

Die Meinung von einer,, Verehrung" des Oels bei den Essäern wird nämlich dem Josephus untergelegt, der sich deutlich genug ausdrückt (×ŋ2íðu vлoLaußárovoi), so dass man an die rabbinische Verunreinigung durch Heiliges gar nicht denken darf. Wenn ferner weisse Kleider zum Essäer machen, so müssen die Cisterzienser und andere Orden die echten Essäer seyn. Woher weiss man aber dass die ersten Christen weisse Kleider trugen? Daraus, dass Clemens v. Al. sic empfiehlt? Wenn vollends der Vf. sich auf die Richtung nach Osten beim Gebete beruft, so wird man unwillkürlich an den,, andächtigen Rabbinen" (I, a 166) erinnert, den sich Hr. Gf. mit gefaltenen (!) Händen denkt. Das Erstere ist gewiss nicht halb so auffallend, als das Letzterc. Was endlich die essenische Hierarchie betrifft, so ist ja „,Schade, dass uns die alten Schriftsteller nichts darüber berichten." Hr. Gf. ist dafür des Beweises überhoben, dass diese Institution mit ihren Gebräuchen wirklich auch urchristlich gewesen sey, den er ohnehin nicht geführt hat. Hingegen, dass uns alle Dogmen, das von dem Opfertod Christi ausgenommen, mit den Essenern gemeinschaftlich seyen, glaubt Hr. Gf. im ersten Theil s. Werkes,, handgreiflich" bewiesen zu haben. Wir verweisen also dahin zurück. Inzwischen gesteht er selbst (III, 383), dass cs in der That nur der Leib der Kirche sey, der dem Essaismus gleiche, und nicht einmal dieser ganz. Statt eines Strebens nach Absonderung treten uns die Keime einer Weltreligion entgegen. Das stammt aus einem höhern Borne" u. s. f. Gewiss, wenn die ganze Aehnlichkeit mit dem Essäismus in jencu

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äusserlichen Zuthaten des Christenthums besteht, so muss man davon zurückkommen, seine Entstehung aus dem Vorgang jener Secte erklären zu wollen; um so mehr, als das Einzige, warum der Stifter des Christenthums sich an sie anlehnen sollte, die Absicht, eine Gemeinschaft zu stiften (III, 356), vielmehr dadurch erreicht wird, dass Jesus,, ausser Verbindung mit den Essenern, mühsam und mit Austrengung sich selbst einen Kreis von Schülern schuf und seinen eigenen Weg ging (383)." So widerlegt Hr. Gf. immer seine eigenen Voraussetzungen, und der gepriesene,, sturmfeste Boden" ist am Ende ein schwankendes Bret, auf dem der,, Historiker" zwischen Uebernatürlichem und Natürlichem sich hin und her schaukelt. Hr. Gf. will die Originalität des Christenthums behaupten, und giebt uns dafür zwar unter preciösen Titeln, doch nur eine aus Zufälligkeiten und nationalen Reibungen gewobene ,, handgreifliche Geschichte." Auf der andern Seite sucht er das Daseyn der Kirche aus früher vorhandenen Elementen zu erklären, und muss doch die Unzulänglichkeit seiner Erklärungsgründe selbst eingestehen. Die Originalität und die Alltäglichkeit des Gfrörer'schen Urchristenthums sind aber so unvereinbare Dinge, dass es sich nur zu deutlich verräth, wie die erhabenklingenden Redensarten, die Hr. Gf. an Andern tadelt, nichts destoweniger aber selbst im Ueberfluss verschwendet, nur die gleissenden Lappen sind, womit er sein Urchristenthum aufputzt. In seiner wahren Gestalt ist dieses nicht nur schon dagewesen, sondern an Offenheit und Natürlichkeit sogar übertroffen von scinem um 30 Jahre früheren Vorgänger.

Der entscheidende Punkt in der Neutestamentlichen Kritik werden immer die Wunder bleiben. Der Vf. beschäftigt sich viel damit, und fährt gleich vorn herein wie toll gegen den Philosophen Hegel aus, weil dieser nicht daran geglaubt haben soll. Es ist ihm förmlich angethan. So wie er, auf einen der berühmten Namen in der Wissenschaft (Hegel, Schleiermacher u. A.) zu reden kommt, ist es, als ob Hr. Gf. vom Stabe der Circe berührt würde. Dagegen kommt Voltaire bei ihm zu Ehren (billig, denn er ist der Urheber der Hypothese vom essäischen Urchristenthum); obgleich Hr. Gf. ihm, was das Wunder betrifft, nicht beistimmt. Von Jenem ist die bekannte Definition: Wunder sind Dinge, die nie geschchen sind. Dieser statuirt ein relatives Wunder, nicht im Sinne der neueren Theologie, wonach das Wunder zwar nicht natürliches Ereigniss, aber doch im allgemeinen Concursus divinus mit inbegriffen ist; sondern relativ für die menschliche Kenntniss. In sofern ist

nun freilich alles Neuc, wofür es keine Erfahrung giebt, ein Wunder. Ob aber mit diesem Wunderbcgriff die richtige Ansicht von den Neutestamentlichen Wundern bestehen kann, ist eine andere Frage. Diese werden, das wird in unserer Zeit kaum Einer noch leugnen, als absolute, physische Wunder, als Wirkungen der in den Weltlauf eingreifenden Allmacht hingestellt. Diess leugnet nun auch Hr. Gf. bei vielen derselben nicht, ohne sie deshalb als Facta anzuerkennen. Man sollte demnach vermuthen, der Vf. stehe doch auf dem mythischen Standpunkt. Dem ist aber nicht so. Sein Grundsatz ist ein willkürlicher Eklekticismus; wenn er zehnmal gewisse Kriterien der Glaubwürdigkeit eines Berichtes aufstellt, so geht er zwanzigmal wieder davon ab. So vereinigt er alle die zum Theil widersprechenden Richtungen, die man als Vorläufer des Straussischen Werkes betrachten kann. Anfang und Ende der evangelischen Geschichte ist mythisch; von der Mitte ein Theil durch die Sage umgestaltet, ein anderer ist natürlicher Hergang (nur muss man zwischen den Zeilen lesen). Indessen wird zwischen Mythe und Sage nicht immer genau unterschieden, und letzterer Ausdruck oft für den ersteren gebraucht. Hr. Gf. sucht jedesmal, wo er Sagenhaftes findet, den Anlass zu der Veränderung der Sage aus den verschiedenen Berichten herauszufinden, und stellt sich dadurch scheinbar in die Mitte zwischen die Natürlicherklärung und die mythische; allein wie könnte dieses Verfahren anders als willkürlich seyn? Aus dem am Eingang gegebenen Abriss ist klar, dass ausser einigen Heilungen, deren Wirkungsart jedoch dahingestellt bleibt, alles Wunderbare von der evangelischen Geschichte abgestreift wird; wir haben also trotz aller Distinctionen und Verwahrungen die lautere Natürlicherklärung. So oft auch Hr. Gf. sie als verrufene bezeichnet; am Ende kommt es immer auf diese hinaus, wo nicht etwa reiner Mythus angenommen wird. Die Wunderberichte des N. Test. wollen aber wörtlich verstanden seyn. Nimmt man nun unter den Berichterstattern Einen als Augenzeugen, so darf am allerwenigsten der Historiker dessen Angaben aus den sagenhaften Berichten ergänzen oder verificiren wollen, und eben so wenig aus seinen Berichten das sogenannte Wesentliche oder das wirklich Geschehene ausscheiden. Diess ist aber die Regel des Vfs. (III, 298 fg.), und das nennen wir Willkür. Man kann überzeugt seyn, dass die Originalität des Christenthums auch ohne Wunder bestehe; nur muss man es alsdann nicht aus Essäismus und Rabbinismus zusammengebraut seyn lassen. Aber Hr. Gf. will einmal

dem Namen nach das Wunder retten; da ist denn, wenn man auch noch mit einem Augenzeugen hei dem grossen Publicum Ehre einlegen will, der Zufall äusserst günstig.,,Johannes erzählt nur 5 Wunder" (denn die Speisung der 5000 Mann ist so wenig ein Wunder, als das Gehen auf d. h. an dem Meere ): drei Heilungen, eine Verwandlung des Wassers in Wein, eine Todtenauferweckung. Wenn es weiter nichts ist, auf die Gefahr, Jesum für einen Wunderthäter durch (magnetische) Heilkräfte erklären zu müssen, konnte auch Marcus so gut als Johannes, wenn dieser nicht vorhanden wäre, zum Augenzeugen gestempelt werden, und auch so, weil er nicht. wie dieser unter dem Einfluss einer Zeitphilosophie steht. Denn die Himmelfahrt fiele ja doch weg, der Schluss des Marcus ein späterer Zusatz (wenn gleich wunderlicher Weise von der Hand des Vfs. selbst) seyn soll, und die Todtenerweckung dazu. Doch das 4. Evangelium ist einmal der Nothanker der grossen Mehrheit der Theologen, und die Rettung desselben müsste ein Werk, wie das vorliegende, ausnehmend empfehlen. Es ist nur Schade, dass es Hn. Gf. nicht beliebt hat, seine Gründe für die Echtheit in Eine Reihe gedrängt zusammenzustellen, um ihre Dichtigkeit und Festigkeit recht klar zu machen.

lesen.

da

Jetzt müssen wir sie aus 3 Bänden zusammen

In den beiden ersten (,, die heil. Sage") werden die Synoptiker behandelt, mit Vergleichung des 4. Evg. Im dritten (,, das Heiligthum und die Wahrheit") werden die Resultate in Verbindung mit Beweisen für die Authentie des Johannes geliefert. Sehen wir zuerst nach dem Verhältniss der Synoptiker, und dann nach dem Vorzug des Johannes.

Da Hr. Gf. alle äusseren Zeugnisse für den Ursprung der 3 Evangelien verwirft, obwohl er sich nachher auf die ziemlich späten für das 4te beruft; so sucht er in ihnen selbst einen festen Punkt. Diesen bietet ihm der Prolog des Lucas dar. Lucas erscheint darin als Kritiker seiner Vorgänger. Merkwürdig ist indess, dass der Mann, welcher hier,, wie ein sachverständiger Historiker" gesprochen hat, sich nachher oft so sehr ungeschickt benimmt, indem er einen. Kreis schriftlicher Urkunden aufnimmt, wie sie eben vorliegen. Also nur in den 3 ersten Versen ist Lucas Kritiker, nachher nicht mehr. Merkwürdig ist ferner, was Hr. Gf. herausbringt, dass die nohoi, Vorgänger und Gewährsmänner des Lucas, neben der doch noch fortdauernden Tradition und den,, schriftlichen Aufsätzen", Einer den Andern vor sich hatte, und den

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