Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Bei einigen wenigen habe ich Bedenken, ob ich die Wahl gelungen nennen soll; z. B. wenn das Wort ludius, ludio durch Lotter und ludia, durch Lotterin übersetzt wird, weil es chemals so vorkam; es ist zu erwägen, dass man das Wort Lotterbube in einem andern Sinne im Gebrauch hat, folglich an diese Geltung erinnert wird, welche es nicht wohl zulässt, einen zweiten nicht mehr geltenden Begriff damit zu verbinden. Ob das Wort der Gransen wenigstens ohne Zusatz für Schiffshintertheil, puppis, hinlänglich verbürgt sey, ist mir noch zweifelhaft, denn althochdeutsch heisst krans Schnabel, sceffeskrans Schiffschnabel, mittelhochdeutsch schiffesgrans das Schiffsvordertheil, und sollte es auch auf die puppis übertragen worden seyn, so möchte der Ausdruck Hinter - Grans denn wohl das zur rechten Bezeichnung nöthige Wort seyn. Auch das Wort Kutte für vulva, Gebärmutter, erregt mir einigen Zweifel, denn wenn auch kütt durch uterus, vulva erklärt wird, so ist Kutte doch vielleicht nur bildlich gehraucht, und gilt niederdeutsch für die pudenda mulierum, so dass es wohl schwerlich die Bärmutter bezeichnet, welche doch gemeint ist, man müsste denn annehmen, es sey das Wort welches gothisch quithus (althochdeutsch quiti) und altnordisch quithr lautet und generis masculini ist, denn dieses bezcichnet den uterus. Voss übersetzte vulva sogar bei Horaz die Tasche der Sau, was ganz falsch ist. Doch genug solcher Bedenken. Aber bemerken muss ich noch, dass auch Ausdrücke vorkommen, welche dem lateinischen Ausdruck nicht genug entsprechen, wie z. B. die Vestalin eine vittata sacerdos genannt wird,

was Hr. W. durch bebänderte Priesterin übersetzt.

Bei dem Worte bebändert können wir uns füglich nichts anderes denken, als eine mit Bändern geschmückte, wie das jetzt bei den Frauenzimmern Mode ist, aber sicher fällt einem nicht ein, dass dies Beiwort die Heiligkeit der Priesterin erhöhen soll, dass es nämlich die mit der Priesterbinde geschmückte bezeichne. Die der Uebersetzung beigegebenen Anmerkungen sind sehr zweckmässig, deutlich und bündig, und sehr geeignet zum Verständiss dieses Dichters anzuleiten. Der muntere und kräftige Ton, in welchem sie abgefasst sind, macht sie angenehm zum Lesen und lässt das zu Erklärende oft deutlicher verstehen, als es ein gewöhnlicher trockener Commentatorenton zu leisten vermag. Habe ich auch einiges an diesem Buche nicht gerade zu billigen vermocht, so erkenne ich doch gern an, dass es sehr zu loben ist, und dass es nicht so leicht wird übertroffen werden,

denn es ist eine schwere Arbeit den Juvenal gut zu übersetzen.

[ocr errors]

LEIPZIG, b. Baumgärtner: Die sechszehn Satiren des Juvenalis in deutschen Jamben nebst beigefügter neudurchgesehener Urschrift von Carl Hausmann. 1839, X u. 293 S. 8. (1 Rthlr. 12 gGr.)

Weil Hr. H. die Nachbildung der lateinischen Dichter in Hexametern für schr schwer hält, und we

gen der Vossischen Uebersetzung des Horaz als ei

ner misslungenen meint, es sey eine metrische Nachbildung dieser Dichter, wenn auch nicht unerreichbar, doch höchst misslich, so strebte er, wie er sagt, die Satiren des Juvenal in der ältesten Form dieser Dichtart wiederzugeben, d. h. in Jamben, deren sich Archilochus bediente. Der deutsche Horaz von Voss ist allerdings ein Zerrbild des lateinischen, und kann als Parodie auf verfehlte metrische Nachbildungen dienen, und dem, welcher sie in diesem Sinne nimmt, selbst einiges Vergnügen gewähren. Allein was hat die starre Manier eines Mannes, welcher von Natur höchst thätig, aber einseitig die freie Bewegung bald verlor und in diese Manier sich selbst eigensinnig festbannte, mit der Sache selbst zu thun? Aristophanes ist nicht in Hexametern geschrieben, und doch ist er in der Vossischen Uebersetzung misshandelt. Welchen Nachtheil hat nicht die Manier des Vaters auf die Aeschylusübersetzung des Sohnes gehabt? Doch einen so seichten Grund zu beleuchten, möchte ganz überflüssig seyn. Die lateinischen Dichter selbst, meint Hr. H., hätten sich zu den Satiren der Jamben nicht

bedient, weil diese Versgattung für ihre Sprache nicht recht geeignet gewesen sey. Schönere, rascher fliessende Jamben, als wir bei Catull und Horaz lesen, giebt es freilich nicht, und selbst die Choliamben des Catull sind vortrefflich, und wenn wir gar keine lateinischen Jamben besässen, so würde jeder der lateinischen Sprache Kundige selbst mit Leichtigkeit Jamben in derselben bilden und sich so überzeugen können, dass, was Hr. H. vermuthet, bei den lateinischen Dichtern kein Grund zur Wahl des Hexameters war. Ein Dichter, welcher wie Horaz von sich sagen konnte:

Parios ego primus iambos

Ostendi Latio, numeros animosque secutus
Archilochi,

wird wohl gewusst haben, warum er für seine sogenannten Satiren eine andere Versart und zwar, wie

[ocr errors]

sein Vorgänger Lucilius, den Hexameter wählte. Jeder wer des Horaz Sermonen nur einigermassen capiren kann, weiss das auch, und weiss dass solche Gedichte und Archilochische Spottgedichte nichts mit einander gemein haben. Ja wahrlich der gefällige und feine sermo merus des Horaz, wie er ihn zu nennen beliebte, müsste ein wunderliches Aussehen in den raschen Jamben des griechischen Dichters haben. Es ist schwer zu begreifen, sobald man Ernst bei einem Uebersetzer der Alten voraussetzt, wie ciner den Juvenal in das Deutsche übertragen mag, welcher so wenig fähig ist das Verhältniss der lateinischen Satire und ihren Charakter zu begreifen, wie Hr. H. sich durch die genannten Ansichten zeigt. Er hat Wieland nacheifern wollen, und findet dass derselbe eine treffliche Arbeit mit seiner Uebersetzung der Horazischen Sermonen geliefert habe, trotz dem Pochen und Pfeifen intoleranter Gelehrten. Dass das grosse Talent ausgepocht und ausgepfiffen worden sey, ist mir nicht bekannt, denn der schlechte Spass der Concurserklärung durch Schlegel im Athenäum war kein Auspfeifen, sondern eine witzelnde Albernheit gegen ein in jedem Betracht ungemein viel höher stehendes Talent, als es der liebe Gott dem Witzmacher verliehen hatte. Doch zugegeben, es sey an Wielands Uebersetzung auch die Wahl des Versmaasses zu billigen, so nimmt man in diesem Falle an, dass er mit seinen von Archilochischen Jamben weit entfernten, der Conversationssprache nahe stehenden Versen dem sermo merus des Horaz ein Acquivalent im Deutschen gefunden habe, und dass solch ein leichter Conversationston dem Charakter dieser Gedichte angemessen sey. Wer nun das für wahr hält, wird sich dennoch bedenken, solch einen Ton bei Gedichten von anderem Charakter auch noch für passend izu halten, und fürwahr bei dem gar nicht tändelnden sondern in geharnischtem Zorn einherdeclamirenden Rhetor Juvenal passt dieser Ton gerade wie die Faust auf das Auge, wie man zu sagen pflegt. Juvenal in nachlässigem Conversationston herumschlendernd, macht einen Eindruck ungefähr wie ein Bär, welcher die Galoppade tanzt. Doch diesen Ton hat vorliegende Uebersetzung nicht, denn sie hat eigentlich gar

keinen.

Die sogenannten Jamben, welche Hr. H. fabricirt hat, sind bald Sechsfüssler, bald haben sie eine Silbe mehr, bald eine weniger, und was die Versfüsse betrifft, so gehen sie, um mit dem alten Morhof zu reden, theils barfuss, theils auf geflickten Sohlen. In allen Stellen dieser Zeilen kommen Spondäen vor, auch in

[merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors]

Die lange er nicht sah seufzt er nach seinem Hüttchen. Wer die jambisirende Prosa von Musaus und Achim v. Arnim in Verse abtheilen wollte, würde fliessendere rhythmischere Zeilen haben als die vorliegenden sind. Wie jemand glauben kann, heutzutage, wo Verse leichter zu bilden sind als früher, sey mit solcher Waare irgend etwas geleistet, ist unbegreiflich. Die Uebertragung des Textes entspricht vollkommen dieser Verskunst, und fast ist es Unrecht, Beispiele aus einer solchen Arbeit, welche die Deutlichkeit und Ungezwungenheit des Ausdrucks prätendirt, anzuführen, doch mögen einige wenige hier stehen, welchen ein langes Verzeichniss nachfolgen könnte. VIII. 84. dignus morte perit, coenet licet ostrea centum Gaurana, des Todes werth ist todt, wer hundert Austern selbst vom Berge Gaurus speisen

[ocr errors]

mag. Der Sinn ist, wer des Todes würdig ist, der vergeht, stirbt, und Weber übersetzt verständlich: Wer todwürdig, vergeht, obschon Gauranischer Austern hundert er schmauss'. XIII. 48 miserum Atlanta, den Schelm, den Atlas; der Ausdruck Schelm ist falsch, wenn es nicht das vulgäre den armen Schelm bedeuten soll, und das kann es nicht bedeuten. XIII. 178. sed corpore trunco Invidiosa dabit minimus solatia sanguis. Wenn dein Leib verstümmelt ist, Giebt dir der kleine Tropfen Blut verhassten Trost. Der Sinn aber ist: Doch die Rache ist süss; wenn er hingerichtet wird, gewährt selbst schon wenig Blut einen Trost. I. 42. Accipiat sane mercedem sanguinis, Und für vergossenes Blut empfang er seinen Lohn. Die Rede ist von dem, der durch Unzucht mit einem üppigen alten Weibe erschöpft ist und bleich aussicht. In dieser Beziehung von vergossenem Blute zu sprechen ist unsinnig. I, 58. curam sperare cohortis, eine Cohors zu erspähn. Eine Sache erspähen, heisst bewirken, dass man ihrer ansichtig werde, nicht aber dass man ihrer habhaft werde. 89 flgd. caret omni Maiorum censu, der Ahnen Stolz vergisst. Es heisst, er hat sein von den Ahnen ererbtes Vermögen vergeudet, und dass solche Leute darum nicht den Ahnenstolz vergessen, ist bekannt genug. 62. Ipse lacernatae cum se iactaret amicae, Als er selber öffentlich mit seiner FreunTM

din prahlt im dicken Mannsgewande. Hier wird man verstehen, das dicke Mannskleid gehöre dem Prahlenden, und doch muss es der sogenannten Freundin gehören, sodann ist zu bemerken, dass er nicht mit dieser prahlte, sondern dass er ihr seine Kutscherkünste prahlerisch zeigte. Doch ich breche ab, denn diese Uebersetzung steht für billige Ansprüche zu tief. BERLIN, b. Ende: Tibulls Elegien. Deutsch (lat. Text zur Seite) von Dr. J. E. Nürnberger. 1838. X u. 222 S. 8. (21 gGr.)

Das von Hrn. N. gewählte Versmaass besteht aus einem Alexandriner mit einem nachfolgenden fünffüssigen jambischen Verse, und diese sind so gereimt, dass sich die Alexandriner mit einander reimen und eben so die Jamben. Sobald man zugestehen will, dass eine solche Modernisirung des Tibullus erspriesslich sey, ist diese Uebersetzung von Seiten der Ausdrücke zu loben, denn diese sind passend gewählt und auch der Fluss der Rede ist natürlich und ansprechend. Sollten solche Uebersetzungen der alten Dichter wirklich Eingang finden, so wären sie zu billigen, falls der Eingang für solche, welche sich der Form des Originals anschliessen, nicht zu erwarten wäre, denn wer zur Verbreitung der Lectüre der griechischen und römischen Dichter beiträgt, erwirbt sich ein Verdienst um den guten Geschmack. Hr. N. scheint damit, dass er auf den Alexandriner einen kürzern Vers folgen liess, der Form des Originals nachgestrebt zu haben, doch kann ich gerade den jambischen Vers nicht als den besonders passenden erkennen. Der Pentameter, nach Welckers glücklicher Erklärung aus héyɛ, heye, entstanden, hat einen ruhigen klagenden Charakter, der fünffüssige jambische Vers hat dagegen einen muntern raschen Gang, welcher dem elegischen Tone ungünstig ist. Zwei trochäische Dipodien, jede mit einem Nachschlag, würden eher als der gewählte Vers sich dem Charakter des Originals genähert haben. Doch vielleicht hat Hr. N. gar nicht einmal solch eine Absicht gehabt; zu billigen aber ist es nicht, dass Hr. N. den dritten Jambus des Alexandriners öfters mit einer kurzen Silbe schliesst; denn dies lähmt jedesmal den Vers, so wie

auch Jamben nicht zu billigen sind, wie: Die Erstlinge weih' ich. Es wäre gut, wenn die Vernachlässigung der Verse einmal ganz zu Ende ginge, doch dies scheint sobald nicht zu geschehen, denn es finden sich

sogar welche, die alles Ernstes dergleichen Bequemlichkeiten mit einer eingebildeten Rhythmik als richtig darstellen, weshalb man es Hrn. N. bei seinen gereimten Versen nicht hoch anrechnen darf. Gar nicht zu billigen ist es hingegen, dass Hr. N. die Reime sehr vernachlässigt hat, denn wer diese wählt, hat auch die Pflicht ihnen zu genügen, und die grassirende Schlotterigkeit in Handhabung derselben ist durchaus zu verdammen. Die älteren Deutschen haben den Reimen die Sorgfalt zugewendet, welche sie erfordern, aber die neuen Deutschen scheint haben keine Zeit dazu. Es ist doch in der That keine unbillige Forderung, dass wer eine Kunstform gebrauchen will, sie nicht misshandle, da ja das Reimen z. B. nicht unter die nothwendigen Dinge gehört. Wir lesen in vorliegender Uebersetzung Reime, wie folgende: erheitern, Kräutern Angesicht, besiegt auszudrücken, schicken Geschick, zurück — hat Tags, Gemags

nen,

[ocr errors]

hat,

Saat

Rad, gross, genoss entriss,

Der

hiess sein, erfreun - Wein, freun- gehen, blähen. Wer solche Reime ertragen kann, oder wer gar Freude daran empfindet, muss mit der nachlässigsten Aussprache zufrieden seyn, denn bei einem richtigen Aussprechen der genannten Wörter fällt der Reim ganz weg, und es bleibt bloss ein unangenehmer Anklang an denselben in den Worten. gleichen damit entschuldigen, dass unsere neueren grossen Dichter ebenfalls den Reim misshandelt haben, wäre lächerlich, denn nur wer ihre Grösse erreicht, mag auf Nachsicht für gleiche Fehler rechund der Fehler hört dadurch nicht auf einer zu seyn, weil ein bedeutender Mann sich ihn zu Schulden kommen lässt. Sollte Hr. N. wieder eine ähnliche Bearbeitung eines alten Dichters vornehmen, so wäre zu wünschen, dass er sich in dieser Hinsicht etwas mehr Anstrengung zumuthete, und auch keine Verse wieder bildete, wie der folgende: O eisern der, der, da er konnte doch besitzen. Schliesslich bemerke ich noch, dass Hr. N. der Geliebten des Tibull mehr zumuthet, als dieser selbst, denn dieser sagt bloss: Ipse boves, tecum modo sim, mea Delia, possim Jungere, et in solo pascere monte pecus, Hr. N. aber muthet der Delia zu, dass sie die Ochsen anschirren helfe, denn er übersetzt: Ich möchte hüten nur die Heerd in Thales Enge, Mit dir, o Delia! schirre nur den Stier. Was in diesen beiden Versen das Wörtchen nur bedeutet, verstehe ich nicht.

Konrad Schwenck,

07

[merged small][ocr errors][merged small]

ARCHÄOLOGIE.

HEIDELBERG, b.Winter: Zur Gallerie der alten Dramatiker. Auswahl unedirter griechischer Thongefässe der Grossherzoglich Badischen Sammlung in Karlsruhe. Mit Erläuterungen von Dr. Friedrich Creuzer. Mit lithographischen Umrissen. 1839. 130 S. 8. mit 9 Bildertafeln. (2 Rthlr.)

Die vorliegende Schrift eines ehrwürdigen Vete

rans der Alterthumsforschung ist ein neuer Beweis des umsichtigen Eifers, mit welchem derselbe keine Gelegenheit versäumt, der archäologischen Kunsterklärung das Wort zu reden, und der nachahmungswerthen Sorgfalt, mit welcher er jederzeit bedacht war, Denkmäler, deren Anschauung ihm zu Gebote stand, bekannt und verständlicher zu machen. Dass diese, an fremden und eignem Privatbesitz bisher bekundete, Sorgfalt gegenwärtig in einer grösseren Sammlung einen ergiebigeren Gegenstand gefunden hat, ist ein Umstand, zu welchem wir dem archäologischen Deutschland nicht minder als dem Vf. dieses Büchlein Glück zu wünschen uns berufen fühlen. Stattliche Vasenankäufe, welche man der freigebigen Kunstliebe des regierenden Grossherzogs von Baden und der Auswahl des kunsterfahrenen Rittmeisters Muler, badischen Geschäftsträgers in Rom, verdankt, lassen als Elemente eines für Karlsruhe bezweckten Kunstmuseums einen neuen Mittelpunkt archäologischer Studien für Deutschland verhoffen, und eine vorläufige Kenntniss der anziehendsten Gegenstände jenes neuen Ankaufs darf somit auf allgemeine Theilnahme Anspruch machen.

Da der gedachte Ankauf grösstentheils in Neapel, dem Stapelplatze grossgriechischer Kunstdenkmäler, bewerkstelligt wurde, die bekannte Beschaffenheit solcher Denkmäler aber sie meist geeigneter zur Be

trachtung in grösserem Zusammenhang als in ihren einzelnen und stattlichsten Exemplaren macht, so ist es begreiflich, dass Hr. Cr. statt eines Gesammtberichtes es vorzog, eine Auswahl solcher Vasen jenes neuen Erwerbs zuerst zu behandeln, welche durch eine mehr oder weniger nahe Beziehung zu dem attischen Drama auf die mannigfachste Beachtung Anspruch machen. Der Vf. hat demnach die von ihm getroffene Auswahl solcher Vasenbilder als einen Beitrag zur Gallerie der alten Dramatiker veröffentlicht. Ein apulisches Gefäss, geeignet wie wenig andre in eine solche dramatische Vasengallerie uns einzuführen, das grösste und wichtigste der neuerworbenen Karlsruher Gefässe, den Bellerophon und den Orpheus, und die vom thrakischen Sänger beschrittene Unterwelt uns darstellend, hatte bereits in den Werken des archäologischen Instituts (Mouum. dell' Inst. II, 49) seine Anerkennung gefunden und findet sich daher in der gegenwärtigen Schrift nur anhangsweise berührt; um so länger ist der Vf. bei den gleichfalls anziehenden unedirten Gefässen verweilt, deren Abbildung in neun begleitenden Tafeln von ihm gegeben ist.

Auf der ersten dieser Tafeln ist eine der schönsten apulischen Hydrien dargestellt. Einer der beliebtesten Gegenstände des bildenden Alterthums, das Urtheil des Paris, findet sich auf jenem Gefäss mit erklärenden Inschriften, überdies in einem Umfang und mit einer Eigenthümlichkeit abgebildet, wie solche bereits seit vorläufiger Erwähnung (archäolog. Intelligenzblatt 1837 S. 15) des vor wenig Jahren entdeckten Originals die Herausgabe desselben sehr wünschenswerth machte. Paris sitzt inmitten des Bildes, durch den neben ihm liegenden Hund als Schäfer bezeichnet. Zu seiner Rechten, links vom Beschauer, stehen Hera und Athena; des Schäfers Blicke sind aber zu seiner Linken nach der rechten Seite des Bildes gewandt, auf welcher ein Liebesgott zu ihm flustert, Hermes ihm entgegentritt und, ebenfalls von

[graphic]

dachten scharfen Sonderung mythischer Parteien Niemand daran denken, dem Sonnengott zur äussersten Rechten des Bildes jene unterhalb zur äussersten Linken angebrachte Klymene beizugesellen. Man würde sich berufen fühlen, diese der Erklärung bedürftige Figur für eine dritte dem Paris ebenfalls feindliche Göttin oder Sterbliche zu erklären, und es wäre nicht schwer gewesen, in einer solchen Figur als ausdrucksvolles Gegenbild zur lockenden Aphrodite, die wegen Helena zurückgesetzte Geliebte des Paris zu erkenWas aber, wenn nach den Gesetzen der Composition von der Klymene des Helios nicht die Rede seyn kann, und nach eben diesen Gesetzen von der gekränkten Geliebten des Paris die Rede seyn sollte, was anderes bleibt dann übrig als diese Letztere der Inschrift ungeachtet hier anzuerkennen? Nicht als wäre die Inschrift neu oder irgend wie verdächtig; aber dieselbe Parisbraut, die gewöhnlich mit bacchischen Namen Oenone heisst, möchte im Wechselspiel der Sagen ein ander Mal mit dem verwandten chthonischen Namen (Paus. II, 35, 5) Klymene bezeichnet worden seyn.

einem Liebesgott begleitet, Aphrodite sitzt. Die in
Die in
diesen Figuren bereits enthaltene Andeutung des dem
Paris verheissenen Liebesglückes ist oberhalb der
Göttin durch zwei verschwisterte Kranzflechterinnen
deutlicher ausgedrückt, denen zum Ueberfluss noch
durch alte Beischrift die Bezeichnung personifizirter
Glückseligkeit (EYTYXIA) gegeben ist. Der Ge-
genstand, um den es sich handelt, der goldne Apfel,
den Paris vertheilen soll, ist in seiner gekrümmten
Hand vom Künstler vernachlässigt; aber auch in dieser
Beziehung ist das Bild verdeutlicht, indem Eris, dienen.
ihn der Schönsten ausgeworfen hatte, den Folgen
ihrer That nachspähend, als Halbfigur über Paris
schwebt. Bei solchem Reichthum der Darstellung
lässt sich fragen, ob die kosmische Naturbedeutung,
die Hr. Creuzer im Mythos des Paris nachweist und
die wir mit ihm anerkennen, dem Künstler dieses,
wenn wir nicht irren, hochzeitlichen Bildes dergestalt
beigewohnt habe, dass auch die der Eris beigesellte
Glückseligkeitsgruppe der vorgedachten Eutychia, dass
ferner der auf der Höhe des Bildes linkerscits thro-
nende Zeus und der rechterseits ihm entsprechende
Helios eben jenem kosmischen Sinn untergeordnet
wären, da sie doch vielleicht nur das zuschauende
Personal des unterhalb dargestellten Schönheitsur-
theils bilden. Man entscheide hierüber, wie man
wolle; eine der dargestellten Figuren glauben wir ein-
facher als geschehen ist, deuten zu müssen. Das Bild
schliesst linkerseits vom Beschauer, hinter der stehen-
den Hera, mit einer sitzenden Frau, deren Name in
alter Beischrift Klymene (KAYMENH) heisst. So
wenig sich auch bestreiten lässt, dass die nächtliche
Gemahlin des Helios eben auch Klymene hiess, und so
nahe es liegt, bei dem nahe gerückten Anblick des
Sonnengottes gerade dieser Klymene zu gedenken, so
schr müssen wir doch ein solches Zusammentreffen
für zufällig erachten, wenn wir, des Mangels kosmi-
scher Attribute zu geschweigen, das Verhältniss die-
ser Figur zu den übrigen ins Auge fassen, deren Reihe
sie abschliesst. Während die Figuren, die wir rechts
von Paris im Auge haben, sammt und sonders dem
Liebesglück, gelten, welches Aphrodite dem idäischen
Schäfer verheisst, ist die linke Seite von den gekränk
ten Göttinnen und, Aphroditen symmetrisch gegen-
übersitzend, von jener weiblichen Figur ausgefüllt,
welche, wie öfters geschieht, durch ihre Inschrift uns
schwieriger wird, als es ohne dieselbe der Fall seyn
würde. Wäre sie nicht Klymene genannt, der Ge-
liebten des Helios gleichnamig, so würde bei der ge-

Die sechs folgenden Abbildungen der Creuzer'schen Schrift sind bacchischen Darstellungen gewidmet, wie solche in der Charakteristik von Vasensammlungen eine bedeutende Stelle einzunehmen allezeit befugt und wie sie der im Titel angekündigten Beziehung auf das antike Drama ebenso wenig widersprechend sind. Eine dieser Darstellungen (Taf. VII) ist der eben besprochenen Parisvase entnommen, deren unteren Theil sie bildet; sie hat den Herausgeber zu gelehrten Ausführungen über das Personal des bacchischen Thiasus veranlasst, auf welche wir anderwärts zurückzukommen gedenken. Die übrigen (Taf. II - VI) sind drei sicilischen Vasen angehörig. Ein bacchischer Zug grandiosen Styles, welcher in röthlichen Figuren das erste dieser Gefässe (Taf. II. III) schmückt, ist durch inschriftliche Beigabe besonders anziehend. Der flötende Silen, den wir schon aus andern Vasenbildern (Millin Gall. 83, 336) als Marsyas kannten, ist in zottiger Bildung dem Silenopappos (Del dio Fauno not. 98) vergleichbar, mit demselben Namen (MAPYA) bezeichnet. Ihm folgt als Fackelträger ein Satyrknabe; die merkwürdige Beischrift, die er trägt (ПOXOON), gilt seiner Kleinheit; schon die Nähe des musicirenden Silen, dem er nachfolgt, kann berechtigen, ihn zugleich für einen unreifen Komos anzusehen, wie denn auf einer berühmten Vase (Hyperbor. röm. Studien I.

10

« ZurückWeiter »