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gend (?) die Verpflichtung, immer der Halacha (der vortalmudischen Lehre) gemäss zu lehren" (I, a 173); und doch wäre es ein Fehler gewesen, wenn die Häupter der jüdischen Kirche bei dem starren Buchstaben der Mischna oder bei der, am Ende des zweiten Jahrhunderts festgesetzten, Halacha stehen blieben. Es musste der Eitelkeit oder dem Erfindungsgeist der späteren Gelehrten ein Tummelplatz überlassen seyn. Eine Lehre, die so abgeschlossen ist, dass ihr nichts mehr beigefügt werden kann, hält sich nicht in die Länge u. s. w." Wir sehen uns auf Wir sehen uns auf einem Puncte, wo das gerade Gegentheil ausgesprochen daliegt von dem, was vorn herein behauptet wurde: Widersprüche, in denen man die stolze Sicherheit bewundern muss, die den Vf. seine Inconsequenzen gar nicht bemerken lässt.

Wenn der Vf. ferner behauptet, die Juden haben von Anderen nichts angenommen, ja sie haben nicht einmal ein christliches oder heidnisches Buch gelesen; so schlägt er theils wieder sich selbst, indem er,,platonische Grillen" und persische Lehren in jüdischen Dogmen findet (I, a 324. 395.); theils mag ihn eine unbefangenere Einsicht in seine Rabbinen widerlegen. Maimonides ist nicht der Einzige. R. Abarbanel spricht von sich und anderen Rabbinen, wenn er sagt (Majane Jeschua ed. Amst. fol. 27 und öfter): 1977

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(wir wissen aus ihren [der Christen] Schriften). Was uns also Hr. Gf. (I, a 115 fgg.) aus griechischen Vätern beweisen will, dem widersprechen şeine höher geschätzten jüdischen Quellen. Der Talmud selbst unterscheidet cine dreifache Lehrentwicklung, und Hr. Gf. erkennt,, verschiedene Ansichten der Rabbinen über die eigentliche Glaubenslehre" an, wie kann man da zu dem Schlusse kommen (S. 209): Wenn sich dennoch Lehren finden, die ihnen und uns gemeinschaftlich sind, so stammen dieselben ganz gewiss (wozu diese Versicherung?) aus einer Zeit, da der Christ und der Jude noch Bruder zu einander sagtén, d. h. sie gehören dem allgemeinen Ideenkreise an, der um die Geburtsstunde des Christenthums in Palästina herrschte." Indessen muss das Vertrauendes Vfs. auf seine sonnenklaren Beweise doch nicht sehr gross seyn. Nachdem wir längst davon überzeugt seyn sollten, findet er nöthig, sie zum Ueberflusse" durch neue zu verstärken. Nach Celsus bei Origenes und den Recognitionen des Clemens drehete sich der ganze Streit zwischen Juden und Christen darum, ob der Messias schon gekommen sey, oder erst kommen werde. Gut; also die Juden zur Zeit Jesu wissen blos von Einem Messias, der kommen soll. Wie geht

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es nun zu, dass der Talmud von Zweien spricht, ren Erster, Ben Joseph oder auch Ben Ephraim genannt, ganz dieselben Schicksale erfahren muss, welche der christliche Messias erfahren hat, um dem Anderen, Ben David, ihrem wahren Messias, den Weg zu bahnen? Von diesem Doppelmessias des Talmud will freilich Hr. Gf. hier Nichts wissen, weil dadurch nicht blos sein Dogma von der Unveränderlichkeit der jüdischen Tradition, sondern auch noch andere Hypothesen zerstört werden; obgleich er (I, b, 268) gestehen muss, dass das früheste Zeugniss für den Glauben an einen leidenden Messias nicht über die Mitte des 5. Jahrh. hinaufreiche. Ueberdiess ist in der Stelle des Clemens nicht zu übersehen, dass das de hoc est solum dissidium auf die Zeit des adventus Domini geht, und von der übrigen Lehrverschiedenheit, abgesehen von der Person des Messias, gar nicht die Rede seyn konnte, da ja von der Ucbereinstimmung in jenem einzigen Puncte die Uebereinstimmung in allen übrigen sich von selbst ergäbe. So kann von der Zeit der Reformation mit vollem Recht gesagt werden, dass der einzige Streit war: Christus oder Christus und sein Statthalter. Denn aus diesem Gegensatz ergeben sich die übrigen Differenzen von selbst.

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Das ist denn der Beweis für die ,,Ebenbürtigkeit" des Talmud mit der Glaubensweise und den bürgerli→ chen Zuständen zur Zeit Jesu.,,So sicher aber dieser Beweis ist, sagt der Vf. (S. 212), werde ich ihn dennoch nicht benutzen dennoch nicht benutzen weil ich weiss, wie tief cingewurzelt unter unsern Gelehrten der Wahn ist, dass der Talmud kein Ansehen verdiene.' Also Viel Lärmen um Nichts.,, Der Weg, den ich einschlage, ist daher folgender: Zuerst wird gezeigt, dass eine Lehre im Talmud vorkomme; dann dass sie von griechischen oder lateinischen Vätern den Juden ihrer Zeit zugeschrieben werde; endlich dass sie auch dem Josephus, Philo, den zwei ältesten Targumisten, oder den Verfassern des IV. Buchs Esra und des Buchs Henoch bekannt sey. Den Schluss macht der Beweis, dass dieselbe im N. Test. vorgetragen, oder vorausgesetzt wird." Um Quellen ist Hr. Gf. gar nicht verlegen. Er gebraucht auch die Ascensio Jesaiae, ein Buch, dass übrigens noch eine bessere Benutzung orwartet, als ihm in dieser Schrift widerfahren ist. Als ältestes christliches Apokryphon kann es für die N. T. Kritik von Wichtigkeit seyn, wenn nicht bei genauerer Untersuchung sich Interpolationen herausstellen, und die beiden-Theile ursprünglich ein Ganzes sind. Wundern muss man sich, dass der Vf. nicht auch die sibyllinischen Orakel zu seinen Schätzen rechnet, denn

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soviel von jüdischer Dogmatik, als jene Apokalyptiker, welche Laurence (der Vf. schreibt Lawrence) veröffentlicht hat, enthalten auch sie. Was soll nun aber das heissen, eine Lehre gehört in das Zeitalter Jesu, wenn sie im Talmud und auch im N. Test. steht? Oder was ist das für ein Verfahren, wenn man die vorchristliche Existenz einer Lehre des N. T. aus dem Talmud beweisen will, und doch das Alter der Talmudischen Sätze erst aus dem N. T. belegt? Ebenso ist es. mit dem Buche Sohar, einer Sammlung aus dem Anf. des 14. Jahrh., welche für die jüdische Mystik zur Zeit Jesu eine gleichsichere Quelle seyn soll, als Baronius oder Gieseler für die Dogmen der christlichen Kirche (I, a 64); wobei es sich von selbst versteht ", dass man erst nachweisen muss, eine Lehre des Sohar werde auch von Schriftstellern des 1-4. Jahrh. den jüdischen Mystikern ihrer Zeit zugeschrieben. Giebt es ein principloseres, willkürlicheres Verfahren, einen augenfälligeren Cirkel in historischen Beweisen? Dieses Verfahren, oder vielmehr Hin- und Herfahren, bestraft sich denn auch an Hrn. Gf. sogleich bei einem Hauptdogma seiner jüdischen Dogmatik, die er uns in folgenden Kapiteln cines christlichen Compendiums auseinanderlegt. C. 3. Von der Offenbarung, 4. Von Gott, 5. Von höheren Geistern, 6. von der Schöpfung, 7. Vom Menschen, 8. Von den Gnadenmitteln, 9. Vom Plan Gottes mit dem jüdischen Volk, 10. Vom Messias und den letzten Dingen.

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Historische Unparteilichkeit soll uns zu dem Geständnisse zwingen:,,Die Dreieinigkeit ist ursprünglich eine Lehre der jüdischen Mystiker welche in den Tagen Jesu schon bestand. Die Mystiker haben den Sohn wahrscheinlich für Eins mit dem Metatron (was der Vf. aus μετὰ τὸν θρόνον erklärt gehalten. Nun weiss der Talmud vom Metatron Mancherlei zu erzählen (1, a 319); nach der Geheimlehre ist Metatron mit der Schechina, dem 17 oder der Memra (dem,, aramaischen Logos") identisch. Und doch,,weiss der Talmud vom Sohne Gottes im höheren Sinne Nichts, vom h. Geiste berichtet er nur das Bekannteste. Der Targum Jeruschalemi schweigt ebenfalls vom Sohne." Allein auch der Sohar, wie die nachtalmudischen Rabbinen, kennt den i blos als obersten Engel, und wenn er ein einziges Mal mit der Schechina identificirt wird, so heisst sie nur so,, quia corona est decem Sephirarum." Nach den Targumin, dem Sohar und dem Jalkut Rubeni aber ist der Metatron Niemand anders, als Enoch, der Sohn Jareds, wie dieses Alles Eisenmenger viel klarer als Hr. Gf. auseinandersetzt. Wie beweist man nun, dass die

מלכד דמלאכים

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Trinität ein jüdisches Dogma sey?,,Für das Stillschweigen der alten hebräischen Quellen halten uns die Nachrichten christlicher Väter und die ältesten Apokryphen schadlos." Diese Apokryphen sind die Himmelfahrt des Jesaja, ein christliches Buch. Denn den Beweis aus Henoch (dem ältesten jüdischen Pseudepigraph) hebt der Vf. (339) selber wieder auf, indem er gegen Laurence einwendet, in den Worten des Enoch liege keine Einheit der drei Gestalten. Also aus christlichen Schriften wird das jüdische Dogma erwiesen. Man sollte erwarten, Hr. Gf. welcher allen historischen Principien zum Trotz eine um viele Jahrhunderte spätere Geschichtsquelle über die älteren erhebt, werde sich bescheiden, wo ihn seine Hauptquelle im Stiche lässt. Allein im Widerspruche mit dieser, welche die alte jüdische Glaubenslehre ganz treu überliefern soll, muss der Gfrörer'sche Grundsatz durchgeführt werden, dass das Christenthum ein aufgewärmtes Judenthum sey. Die Elemente sind einmal vorhanden; dies ist wahr, sic sind es schon-in den Apokryphen des A, Testaments. Das Bedürfniss der Einheit Gottes nöthigte die Juden schon zur Ver↳ einigung unter der Trinität." Dieses Bedürfniss ist eine Gfrörer'sche Hypothese, mit welcher die jüdische Trinität steht und fällt. Die wirkliche Hypostasirung der zwei andern Personen und der Begriff der Wesensgleichheit ist aber nirgends nachgewiesen und wird es auch nie werden. Es ist nicht einmahl wahr, was S. 342 behauptet wird, dass die Christen seit den ältesten Zeiten ihre Lehre von der Dreieinigkeit aus Genes. 18, 1. 2. rechtfertigten. Viel weniger dachten die Juden daran, sie daraus zu construiren. Erst die beiden Gregore und Basilius haben angefangen, sie aus Gen. 1, 26 zu beweisen, und nach ihnen thun es Theodoret und Leontius, welche auch die übrigen alttest. Stellen hinzuziehen. Nun muss man allerdings rückwärts schliessen; aber das Ergebniss ist verneinend. Wenn die ältesten Väter das Dogma aus dem Judenthum hätten, so würden sie es von Anfang aus dem A. T. zu rechtfertigen gesucht haben. Der gauze Be→ weis schrumpft auf eine Stelle des Origenes zusammen, wo er sagt: ἔλεγεν ὁ Ἑβραῖος τὰ ἐν Ἠσαΐα δύο Σε gagiuραφὶμ κεκραγότα ἅγιος, ἅγιος, ἅγιος κύριος Σαβαώθ, tov μovoyev elvaι тou dεov xai tò пvevμa tò äɣov (n. A. 1, 3). Daraus macht Hr. Gf.:,,sein hebräischer Lehrer habe dem Origenes berichtet, dass die Juden jene zwei Seraphim für den Sohn und heil. Geist erklären;" und der Lehrmeister, welcher S. 17 kein aramäischer Jude seyn durfte, weil sonst die Unbekanntschaft des Schülers mit dem Talmud unerklärlich war, derselbe kann jetzt kein Alexandriner seyn, weil Origenes an

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ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

THEOLOGIE.

Januar 1840.

STUTTGART, b. Schweizerbarth: Geschichte des Urchristenthums durch A. Fr. Gfrörer u. s. w.

(Beschluss von Nr. 2.)

lingen aus der Vermischung von Engeln und Menschen, bis zum Schlusse des Kapitels zu erzählen weiss; im folgenden Band aber (S. 89 fg.), wo er die oben genannten Stellen ausführlich giebt, ohne sich des ", bösen Grundwesens" zu erinnern, offen

An andern Dogmen, deren jüdischer Ursprung kei- eingesteht, dass der böse Trieb von Gott erschaffen"

nes Beweises bedarf, lässt der Vf. seinen Scharfsinn glänzen. Er zeigt sich in einer haarspaltenden Subtilität, welche Unterschiede auffindet ohne innern Zusammenhang, weil sie nicht im Begriff der Sache begründet sind, kurz, weil sie nicht existiren. Einmal geht diess bis zu einer metaphysischen Spitze fort, vor der der Vf. erschrocken inne hält. Er behauptet eine dreifache jüdische Ansicht in der Lehre von den Dämonen, deren äusserstes Moment eine „, ursprüngliche Zwietracht in der Schöpfung, ein böses Grundwesen" seyn soll (I, a. S. 399), dessen Annahme er auch dem N. Test. zuschreibt, während dieses voll ist Von Beweisen des Gegentheils. Das böse Grundwesen sey der Jezer Hara (7), weil dieser mit Samael oder Satan identisch erklärt wird. Nun ist aber Samael nach allen Stellen des Talmud sowohl als der Pseudepigraphen eine Creatur, und nicht ein Grundwesen, und der Jezer Hara nichts anderes, als die concupiscentia carnis, aus welcher sowohl der Ursprung der bösen Geister, als der der Sünde und des Todes erklärt wird, wie die Stellen bei Eisenmenger (I.S.34 fg. S. 822 fg.) ganz klar beweisen. In dem jüdischen Buche Scheva Tal wird es als bekannt (7) angenommen, dass Gott den guten und den bösen Jezer erschaffen habe; und einige Rabbinen machen geradezu Gott zum Urheber der Sünde, wogegen R. Levi sich erklärt, indem er sich auf den freien Willen beruft. Hr. Gf. dagegen weist dem Jezer Hara die ewige Materie als Sitz wovon die Juden nichts ahnten. Merkwürdig ist es indess, dass er auch hier zu den Gnostikern seine Zuflucht nimmt, und am Ende, nachdem er von »den Grenzen einer dreifachen Lehre vom Bösen" gesprochen, innerhalb welcher sich der jüdische Teufelglaube, schaukle," doch nur von zweierlei bösen Geistern, den gefallenen Engeln und den Abkömm

an,

und,, der Sohar in allen diesen Lehren mit dem Talmud einverstanden" sey.

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Das Unterscheidende des Buches vor den frühern Versuchen ähnlicher Art liegt in der Aufstellung eines vierfachen Messiasbegriffs, der zur Zeit Jesu geherrscht haben soll. In so fern nun diese Voraussetzung von wesentlichem Einfluss auf die Kritik der Evangelien seyn müsste, so würde sich ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit bei der Prüfung des zweiten und dritten Haupttheils von selbst ergeben. Aber auch sie hat so viel Willkürliches, dass sie sich, auch abgesehen von ihrer Anwendung, näher angesehen von selbst aufhebt. Die eine Partei hielt sich an die Propheten, Psalmen u. s. w., und bildete sich den künftigen Helden auf menschliche und begreifliche Weise”: Gemein- prophetisches Vorbild. „Die zweite Partei fand diess zu nüchtern, eine übermenschliche Natur wollte sie zum Messias haben": Danielisches Vorbild. "Drittens gab es eine grosse Secte (die Essäer), welche nur den Pentateuch als Offenbarungsquelle anerkannte": Gemein-mosaisches Vorbild. "Endlich fand eine Abtheilung letzterer Partie alle Schätze göttlicher Weisheit in den ersten Kapiteln der Genesis (den Werken des Anfangs)": Mystisch-mosaisches Vorbild. Diese Eintheilung ist eben so unlogisch und unhistorisch, als unpraktisch. Nach jüdi– schen Begriffen stehen sich Moses und die Propheten gegenüber, nicht aber Propheten vor und in dem Exil, und wenn der Messias des Psalmisten ein,, Herr Davids, ein Sohn des Höchsten" heisst, so steht er dem politischen Messias des Daniel um Nichts nach; eben so wenig, als er diesen ausschliesst. Auf der andern Seite müsste das Deuteronomium und die Genesis unterschieden werden; da aber das erstere einen Propheten (wie Mose) verheisst, so fällt sein Messiasbegriff mit

dem des Jesaja zusammen, denn auch Moses wird so genannt. Von dem kabbalistischen Adam-Messias aber lässt sich nicht nachweisen, dass er der Zeit Jesu angehöre; im Gegentheil ist diess ein entschieden gnostisches Produkt und Philo weiss von einer Wiederkunft des Adam nichts. Mithin gehört diese vierte Ansicht gar nicht hieher. Dass der Eintheilungsgrund ein blos äusserlicher ist, sicht man schon an der Künstelei und Gezwungenheit der Eintheilung. Die wirklichen, innern Unterschiede des Messiasbegriffs (Hoherpriester, König, Prophet) kommen hier nicht in Betracht und werden in den vier Vorbildern durch einander geworfen, weil die Beweisstellen keine Trennung zulassen. Endlich ist auch die beabsichtigte Steigerung verfehlt. Man sieht nicht ein, warum die erste Partei das Vorbild der dritten ausschliessen sollte; und eben so wenig, warum nicht das zweite und vierte in Eins zusammen ging. Allein das Unhistorische am Ganzen ist, dass der dritten Partei, den Essenern, ein Kanon untergeschoben wird, den sie nicht hatten. Im ersten Bande wollte Hr. Gf. beweisen, dass sie nur den Pentateuch anerkannt haben, und beruft sich (S. 263) darauf, dass sie ihren Messiasbegriff nur nach jenem gebildet haben; hier wird umgekehrt ihr mosaischer Messiasbegriff aus der ausschliesslichen Annahme des Pentateuchs abgeleitet. Auch die andern Gründe für diese Annahme sind nicht besser. Es wimmelt dort von Widersprüchen. Sogar eine Stelle des Epiphanius, die ausdrücklich dagegen spricht („allein sie verwerfen den Pentateuch" S. 259) wird unter andern dafür angeführt, und zuletzt ist es der Pentateuch, der unter den Händen der Essener ein von dem gewöhnlichen,, Himmelweit verschiedener" wurde. Es ist wie mit dem Beweis aus Philo, dass die Essener den heil. Geist noch unter sich wirksam glaubten, weil jener von zutazwyý vdeos spricht, an einer Stelle, wo es mehr als zweifelhaft ist, ob er den Satz als Meinung der Essäer ausspricht. Ist es aber falsch, dass die Essener nur den Pentateuch von den Schriften des A. T. anerkannt haben, so zerfällt die künstliche Begriffsspaltung in Nichts. Auch verräth Hr. Gf. selbst das Unhistorische seiner Hypothese sehr naiv, wenn er vor und nach eingesteht, dass in keiner Schrift ein einzelnes Vorbild rein ausgeprägt, sondern das Zusammengehörige nur von ihm so vereinigt sey, und dass er,, aus allen Hauptquellen für jedes der vier Vorbilder Beweisstellen entnehmen konnte." Das heisst doch: die Juden zur Zeit Jesu und nachher haben (denn darauf kommt es al

lein an) die Gfrörer'sche Unterscheidung gar nicht gemacht. Und welche Partei hätte denn auch den Anfang machen sollen? Die Pharisaer mit ihrer,, unbegrenzten Verehrung" für Moses sollten sich blos an die Propheten halten? Die Mystiker dagegen gerade die ihrer Neigung günstigen Prophezeiungen verwerfen? Ein politischer Grund der gegenseitigen Ausschliessung lässt sich gar nicht finden, und doch waren alle Messiashoffnungen, auch nach Hn. Gf., politischer Natur. Es giebt also nicht einmal einen historischen Anknüpfungspunkt für die angebliche Verschiedenheit des Messiasbegriffs, um nichts davon zu sagen, dass der Fadeu der wahrhaft geschichtlichen Entwicklung desselben vom Pentateuch bis auf Johannes durch eine solche Hypothese gänzlich zerrissen wird. lich zerrissen wird. Sie zeigt sich überdiess auch ganz unpraktisch; denn der Vf. geräth bei der Anwendung auf die Urkunden in die grössten Verwicklungen hinein. Bald ist der Gegenmessias (Antichrist) des gemein- prophetischen Vorbildes ein Danielischer (Antiochus, S. 262); bald wird das mosaische Vorbild durch Ansichten der Propheten vergeistigt (S. 345); und es giebt sogar gemeine Leute, welche die Ansicht von zwei Vorbildern auf Einmal haben (z. B. Joh. 6, 14. 15), wo Hr. Gf. dann zwei Volksparteien in den Text hineinlesen muss. Will man nun gar Schlüsse darauf bauen, so geht es wie S. 206: „Henoch bekennt sich ganz gewiss zur 7000jährigen i Weltdauer, höchst wahrscheinlich auch der falsche Esdras." Warum? „Beide ahmten Daniel nach, Beide hielten ihn für einen grossen Propheten, folglich werden sie auch seine Zeitrechnung anerkannt haben, folglich deutete man damals die 70 Wochen auf 7000 Jahre." Ich weiss wohl, setzt Hr. Gf. hinzu, dass dieser Beweis mathematischer Schärfe ermangelt, aber für mein Gefühl hat er dennoch grosses Gewicht. Hn. Gf. Gefühl mag fein und zart seyn, aber es beweist für uns nichts. Zwar mögen gewisse Schriftsteller von dieser oder jener alttestamentlichen Quelle die Farben zu ihrer Messiasschilderung mit Vorliebe entnommen haben; aber so viel steht unumstösslich fest: 1) dass in den Tagen Christi die Messias - Idee nur Eine war, denn dass man in Jesu Tagen" all,, gemein fast jeden Spruch des A. Test. auf den Messias beziehen zu müssen glaubte, belegt der Vf. selbst S. 198 durch Citate; 2) dass cine Scheidung dersel

ben erst mit der Lehre von einem leidenden und ster

benden Messias unter den Juden beginnt. Wir haben schon gehört, dass die letztere nicht vor dem 5. Jahr

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