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(LXXVII-LXXX.). Dazu hat sich auch der Gang der Ereignisse und die Verwickelung der Umstände gegen die Belgische Geistlichkeit erklärt und rüttelt an der Grundlage ihres Einflusses. Trotz aller ihrer Anstrengungen und geheimen Ränke ist es ihr nicht gelungen, die Masse des Volkes gegen die Abtretung von Limburg und Luxemburg an Holland in Bewegung zu setzen. Die Forderungen der politischen Raison haben schwerer gewogen als die der Ehre und Würde der katholischen Geistlichkeit und Religion, der es sich nicht zieme an eine ketzerische Regierung katholische Provinzen zu übergeben. Noch kraftvoller haben andere Umstände gewirkt. Durch die Losreissung von Holland, durch die ultramontanen Factionsumtriebe gegen Preussen hat Belgien sich fast völlig isolirt und dadurch sind seine mercantilischen und industriellen Verhältnisse in eine wahrhaft trostlose Lage gekommen, deren sich das Volk täglich mehr bewusst wird und den Clerus als den Urheber seiner Leiden betrachtet. In früheren Zeiten waren Holland und seine Colonien der grosse und gewinnreiche Markt der belgischen Industrie, die sich daselbst eines sichern Absatzes erfreute. Durch die Revolution von 1830 wurde ihr dieser Markt genommen; die Folgen zeigten sich allmählig. Von Frankreichs Märkten durch einen unerschwinglichen Zolltarif, von der Ausfuhr zur See durch den Mangel von Seemacht und Colonien abgeschnitten bleibt ihm nur der Osten zur Ausfuhr seiner Waaren offen. Aber hier ist Grenznachbar das seit 2 Jahren von der belgischen Presse so entsetzlich angefeindete und misshandelte Preussen. Was bleibt dem Belgischen Handelsstande, was bleibt im Interesse dieses, der doch der Hauptstützpunkt der Materialwohlfahrt ist, der Regierung übrig, als sich endlich selbst ins Mittel zu legen und der Feindseligkeit der ultramontanen Presse Stillstand zu gebieten, damit nicht das empfindlich gereizte Preussen, das Stillschweigen der Belgischen Regierung gegen jenen Pressunfug, als Theilnahme und Billigung desselben nehmend, der Belgischen Ausfuhr zu gerechten Repressalien durchaus seine Grenzen sperre und dadurch den Ruin der belgischen Industrie herbeiführe? Bisher hat Preussen diese Repressalien nicht gebraucht; aber es hat dem Belgischen Handel auch kein freundliches Entgegenkommen gezeigt: und schon dies im Vereine mit der Holländischen Absperrung hat die schlimmsten Folgen gehabt. In der ersten Hälfte vorigen Jahres wurde der Belgische National- und Industrie Credit fast mit einem Banquerotte bedroht; und kaum ist diese Gefahr mit dem Ruino der grössten

Etablissements (z. B. des Cockerill'schen) zu genauer Noth vermieden: so bedroht der Stillstand der Fabriken, durch die Isolirung des Landes und die Hemmung seiner Ausfuhr herbeigeführt, mit einer Revolution durch die Fabrikarbeiter. Der gesammte Stand der Industriellen sieht nun, in welches Elend die Revolution von 1830 und die Feindseligkeiten gegen ein befreundetes und wohlgesinntes Nachbarland den Erwerb des Landes gebracht hat; er fühlt dass die Revolution von der Geistlichkeit und in deren eigenen Interesse angestiftet und dass die Angriffe auf Preussen, die bloss einer clericalischen Faction dienten, dem ganzen Lande tiefe Wunden schlagen. Wer fühlt diese aber am härtesten? Die arbeitende Volksklasse, die in den Fabriken, die nun stillstehen, den täglichen Unterhalt erwarb. Daher diese Volksemeuten; daher die tägliche Zunahme Orangistischer Sympathien; daher die täglich sich steigernde Verminderung des geistlichen Ansehens, das auf Kosten des Volkes gewachsen ist; daher die täglich drohender werdende anticlericalische Opposition in den Kammern, denen das ultramontane Ministerium de Theux nur noch eine kümmerliche Majorität entgegensetzen kann; daher die stündlich wachsende Macht der Liberalen, die Alles aufbieten um die geistliche Gewalt zu stürzen. Die Belgier sind endlich bis zur Evidenz inne geworden, dass Holland wirklich ihre Kirche, ihren Glauben nicht bedrohet habe, dass dies nur ein Vorgeben der Verbündeten, der Demagogen nämlich und der Geistlichkeit gewesen. König Wilhelm hat die seltene Genugthuung, dass die Belgische Revolution sich an der Nation schwer rächt und wer weiss ob die Vorsehung seinem edlen Hause nicht den Triumph aufbehalten hat, dass die Belgier seine Herrschaft zurückwünschen und den Verführern fluchen, die unter falschen Vorwänden sie gegen den besten König zum Aufstande

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reizten.

Wir kommen jetzt an das Schwarze Buch selbst. Es ist in einem gefälligen Memoirenstile geschrieben, voll treffenden Witzes und feiner Ironie und enthält 17 Capitel mit 19 erläuternden Beilagen, die meist aus Actenstücken bestehen. Der Hauptzweck des Buches ist, nachzuweisen: dass in Belgien eine kirchliche Propaganda bestehe und dass durch diese, namentlich seit dem Cölner Ereignisse, Aufregung im Königreiche Preussen, nämlich in den westlichen Provinzen desselben bezweckt, angestiftet und genährt sey, um auf diese Weise daselbst dem Könige von Preussen dasselbe Schicksal zu bereiten, welches sie, in Vercini

gung mit den Liberalen, Wilhelm von Holland in Belgien bereitete.

Der Vf. geht nicht sogleich an die Lösung seiner Aufgabe, sondern gibt in den beiden ersten und in einem Theile des dritten Kapitels eine kurze Geschichte des Belgischen Clerus seit 1830 hauptsächlich in Beziehung der Spaltungen und Parteiungen, die unter demselben eingerissen war. Inwiefern diese Spal-, tungen ihre Organe in den öffentlichen Zeitschriften hatten und sich in diesen hauptsächlich kund gaben, I gibt er uns eine kurze, aber sehr interessante Geschichte dieser Blätter. Jene Spaltung, die sich im Heerlager des Clerus selbst bildete, knüpft sich an die La-Mennais'schen Doctrinen die in Belgien, wie in keinem andern Lande gerade unter dem Clerns einen bedeutenden Anhang gewannen, der durch selbe das Ideal ihrer Bestrebungen, nicht nur gänzliche Emancipation der Kirche vom Staate, sondern Erhebung der erstern über letztern, Beherrschung des Staates durch die Kirche am besten erreichen zu können wähnte. Diese Partei war es, die auf La Mennais Doctrinen, wie auf ein anderes Evangelium schwur, mit dem Bilndnisse des geistreichen Abbé coquettirte und in ihm ihren,, erlauchten Lehrer" verehrte. Gegen diese Partei erhob sich später eine andere, nämlich die Jesuitische, die zwar dieselben Tendenzen hatte, als die erstere, aber den La - Mennaeismus als ein fehlgegriffenes Mittel, dieselben zu erreichen, betrachtete. Neben dieser her ging noch eine dritte Partei, die zwar ebenfalls gegen die erste stand, aber sich von beiden dadurch unterschied, dass sie die Tendenzen beider verabscheute, erklärte Gegnerin der Revolution war und in ihrer Gesinnung an dem Hause Oranien festhielt. Dies war die Orangistische Partei, sie war klein und hatte ihren Sitz hauptsächlich in Flandern. Ausser der Begrenzung dieser Fractionen stand eine vierte Partei, die dem Hause Oranien abhold, aber auch eben so entschieden jeder Clerocratie feind, entschieden zur Revolution hielt und das Motto: la liberté en tous et pour tous wörtlich nahm und nicht blos für die Geistlichkeit geltend lassen wollte. Jede dieser Parteien hatte ihre Journale. Der Kampf unter den beiden ersten begann aber hauptsächlich, seit Gregor XVI. in seiner Encyclica vom Jahre 1832 die La-Mennais'schen Lehren verdammte.

Diese Parteikämpfe schildert der Vf. des Schwarzen Buches in den ersten Kapiteln und hebt durch die

unwiderleglichsten Thatsachen hervor, dass die LaMennaisianer, die an Ueberzahl mächtig waren, nicht nur ihren Gegnern Trotz boten, sondern sich auch, den einen Herrn de Coux ausgenommen, hartnäckig weigerten, sich der Encyclica zu unterwerfen; dass gegen diesen Trotz gegen das Oberhaupt der Kirche keine bischöfliche Behörde eingeschritten sey, dass sie sogar ihre Sympathien mit den Ungehorsamen offen an den Tag gelegt haben (C. III. p. 15-17); ja dass am Ende dieser Partei es gelungen sey, nach Unterdrückung des einzigen Journals, welche ihre Doctrin rastlos bekämpfte, des Memorial du Clergé, einen vollkommenen Triumph zu feiern und ihre von Gregor XVI verdammten Grundsätze aufrecht zu halten. Das ist der Clerus, der heute unter anderen ́Conjuncturen mit seiner Ehrfurcht vor St. Peter coquettirt.

La-Mennaisianer endigte, wurde zu Lüttich wieder Der Kampf, der in Flandern mit dem Siege der aufgenommen, und zwar von dem Journal historique et literaire, welches im Jahre 1834 von Hrn. Kersten, Buchdrucker des Bischofs von Lüttich, herausgegeben wurde. Dieses Journal wurde nun das Hauptorgan der jesuitischen Partei, die zweierlei Zwecke verfolgte, nämlich zuerst den der Bekämpfung ihrer vorgenannten Gegner, dann den der Propaganda. Ehe der Vf. die letztere Tendenz des genannten Journals verfolgt, gibt er S. 21 eine Charakteristik des Hrn. Kersten, den er als einen erklärten Feind der La-Mennaisianer, der Liberalen, der Protestanten und als ein Werkzeug der jesuitischen Partei bezeichnet.

Im dritten Capitel wird eine Kritik des Prospectus von dem genannten Journal gegeben. In dieser weiset der Vf. aus den Worten des Prospectus nach, dass Hr. Kersten Behuf seines Journals einen Rath, bestehend aus frommen und gelehrten Priestern um sich versammelt habe, dem die Prüfung der Artikel, die in sein Journal aufgenommen werden sollten, anvertraut war. Wer ist dieser Rath? aus welchen Personen besteht er? wer steht an der Spitze? Der Vf. spricht über alle diese Gegenstände und in den originellsten Wendungen liefert er, ohne Herrn van Bommel zu nennen, den schlagendsten Beweis, dass der Bischof von Lüttich der hinter den Coulissen agirende Stützpfeiler und Patron des Journal historique et literaire ist.

(Der Beschluss folgt.)

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ALLGEMEINE LITERATUR ZEITUNG

Januar 1840.

NEUESTE GESCHICHTE.

ALTENBURG, b. Pierer: Das Schwarze Buch, oder die enthüllte Propaganda Belgiens. Aus dem Französischen von Dr. G. J. H. Rheinwald u. s. w.

(Beschluss von Nr. 13.)

Der Vf. geht nun weiter. Mit den eigenen Worten

des Journals weiset er nach, dass dieses in Preussen, namentlich am Rheine und in Westphalen zahlreiche Correspondenten habe, die Hr. Kersten auf einer Reise angeworben (S. 34. 35); dass derselbe, nachdem er seine Feindseligkeiten gegen Preussen begonnen, welches am 1. Septbr. 1834 geschah, um neue Correspondenten in Preussen geworben und sie erhalten; dass das Journal, auch nachdem es am 11. Dec. 1835 in Preussen verboten worden, doch in dies Land geschmuggelt, ja, dass 1838 die Zahl der Abonnenten in Preussen bedeutend gestiegen sey; dass Gregor XVI. in einem Breve vom J. 1837 dem Journale officiellen Beifall gespendet habe (S. 38.) Der Vf. citirt nun eine Menge Stellen, worin der Widerspruch sich hervorstellt, in den Hr. K. später mit seinen eben angegebenen Aeusserungen getreten, als die Preuss. Regierung und andere Blätter ihn und den rheinischen Clerus beschuldigten, er suche die westlichen Provinzen aufzureizen und werde von jenem Clerus darin unterstützt.

Im folgenden Kapitel (VI) weiset der Vf. weiter nach, dass Hr. van Bommel die Seele und der Patron des Journals, die Jesuiten aber dessen thätige Mitglieder seyen; dass das Journal selbst das Organ einer in Belgien wurzelnden und weitverzweigten Propaganda sey, die sich besonders Preussen zum Ziele ihrer hoffnungsreichen Thätigkeit gesetzt habe. Der Vf. wirft nun die wichtige Frage auf: „Ist die Propaganda revolutionär?" (S. 46.) Um sie zu beantworten giebt er eine Geschichte derselben im Innern (in Belgien) und nach Aussen (in Preussen). In Bezug auf die erste erhalten wir die wichtigsten und interessantesten Aufschlüsse, namentlich über die

stets noch fortdauernde Opposition der Lamennaisianer gegen die Verdammung ihrer Doctrin durch den Papst, cine Opposition die soweit ging, dass noch im J. 1834 nur der Bischof von Brügge die zweite Encyclica des h. Stuhles publicirte, die andern Bischöfe aber sie ignorirten, ein Ungehorsam der erst da gebrochen wurde, als die paroles d'un Croyant alle Biedermänner scandalisirten und vom Papste mit dem Fluche der Kirche belohnt wurden; als die jesuitische Partei ein chronique scandaleuse über de Lamennais eröffneten, denen die Gegner ohne Erfolg eine über die Jesuiten entgegensetzten. Seit dieser Zeit bekehrten sich die Lamennaisianer wenigstens äusserlich, aber sie beharrten bei ihren Grundsätzen. Ihre Organe, das Journal de Flandres und, der Vaderlander hielten sich aufrecht und bei den Wahlen in Flandern brachten sie eine glänzende Majorität in die Kammern. Erst als die Feindseligkeiten gegen Preussen begannen, den gemeinschaftlichen Gegner, fing das Journal historique an von der Feindschaft gegen die andere Partei abzulassen; es trat eine Art Versöhnung ein; aber die Grundsätze blieben. Während die Lamennaisianer mit Pomp und Jubel die Septembertage feierten, während sie offen den Liberalismus predigten und gegen Don Carlos declamirten, fuhr die Propaganda fort, die Revolution als eine Thatsache auszubreiten, an der sie selbst keinen Gefallen zu haben schien, freilich blos um mit den Encyclicis nicht in Widerspruch zu treten, welche über alle Revolutionen das Anathem gesprochen hatte. Doch auch hier sah der Fuchs aus der Kapuzze. (58.59.)

Im VIII. und den folgenden Kapiteln führt uns der Vf. in die innere Geschichte des Belgischen Clerus; anscheinend blos um darzuthun, wie sehr die Tactik des Journals von Lüttich mit den Versprechungen seines Prospects in Widerspruch stehe. Mit der feinsten Ironie und den beissendsten Sarcasmen deckt er die Hypocrise der jesuitischen Partei und ihres Organes auf, das mit scheinheiliger Miene die Fehler und Mängel des Auslandes rügte, das Glück und die Tugend der Kirche Belgiens pries, aber sorgsam die giftigen Krebsschäden verschwieg, die

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am Herzen desselben nagten. Wir erfahren hier durch unumstössliche Belege die gierigen Bestrebungen des Belgischen Clerus nach Reichthum, die immer mehr anschwellende Fluth desselben, die unedlen und jesuitischen Mittel, womit derselbe erworben werde. Wir erfahren, dass ein grosser Theil seiner Mitglieder Handelsgeschäfte macht, Schenkwirthschaften hält, sich in allerlei schmutzige Speculationen cinlässt, und nichts angelegentlicher zu thun hat, als die Gläubigen zur Freigebigkeit gegen die Kirche zu ermahnen. Daneben weiset uns der Vf. nach, wie der Clerus seine wichtigsten Pflichten, das Volk moralisch zu bilden, verabsäume, während ihm seine Bischöfe doch beständig einschärfen, ja ihre bürgerlichen Rechte als Wähler zu üben. Gegen das Lesen der Bibel wurden Bannflüche geschleudert, der Besuch der Schauspiele als Frevel dargestellt: aber noch nie hat man Seitens der Geistlichkeit eine Belehrung an das Volk vernommen, den Staats-Schatz nicht durch Schleichhandel zu betrügen, der auf eine so furchtbare Weise der Vf. liefert die officiellsten Belege zunimmt und die Moralität zerstört. Ferner sey das Journal so sehr beffissen die Fehler der Laien, namentlich von der Partei der Gegner, zu geisseln; aber, obschon es seinen Lesern versprochen, stets alle Begebenheiten im Kreise der Belgischen Kirche mitzutheilen, die von irgend einem Interesse seyen, obschon es mit Behagen den Process des Abbé Lanssen veröffentlicht habe; so habe es doch nie über sich vermocht, dem Publicum die Acten oder auch nur die Resultate der gerichtlichen Proceduren gegen eine Reihe von Geistlichen zu eröffnen, die durch die pöbelhafte Roheit und Brutalität ihres Wandels die Gläubigen geärgert haben. Vorzüglich deckt der Vf. durch Actenstücke die schmachvollen politischen Umtriebe mehrer hochstehenden Geistlichen, namentlich die Machinationen bei den Wahlen auf, wodurch der Clerus seinen Beruf und seine Würde preis gab (79. 80.) Mit schneidendem Hohne fragt er das Journal historique, warum er diese so interessanten Scandale unter der Belgischen Geistlichkeit so gewissenhaft verschweige, aber nie unterlasse, alles Schlechte zu berichten, was das Gerücht wahr oder falsch von deutschen Priestern meldete?

Im X. Kapitel geht der Vf. zu der Wirksamkeit der Belgischen Propaganda nach Aussen über. Nach dem er in kurzen Umrissen dargethan, wie alle Versuche und Anschläge desselben auf die Holländischen Katholiken an der Treue dieser, an der Besonnenheit und Loyalität des Holländischen kath. Clerus geschei

tert und durch die Klugheit der Jesuiten endlich zum Stillstande gekommen; nachdem er (Kap. XI) dargethan, wie das Journal über die zahllosen Unbilden, die der kath. Kirche und Religion in Frankreich täglich zugefügt werden, den Schleier einer liebevollen Vergessenheit geworfen, geht er endlich (S. 100) zu den Feindseligkeiten desselben gegen Preussen über. Er weiset durch Auszüge aus den Belgischen Journalen nach, dass diese bis zum J. 1834 nicht die mindeste Feindseligkeit gegen Preussen geübt, dass noch in einem Artikel vom 7. Jan. 1834 das Journal historique das Benehmen der Preuss. Regierung gegen die kath. Kirche ihres Landes laut gepriesen und die Stellung der letzteren zum Staate eine glückliche genannt habe (S. 107); dass der erste Angriff am 1. Septbr. 1834 erfolgt sey. Es ist bekannt dass diese Angriffe sich zuerst an das Breve über die gemischten Ehen und dessen in den westlichen Provinzen Preussens angeordnete Einführung, und ein Jahr später an das Breve gegen die Hermesianer knüpften, seit dem 20. Nov. 1837 bis heute aber um die Angelegenheiten von Cöln und Posen drehen. Daneben lief das in Belgien noch besonders bearbeitete, mit der giftigsten Bosheit bereicherte und als livre rouge wiedergeborne rothe Buch, von welchem der Vf. weiter unten redet, aber es hier schon als enfant occasionel des Journal historique bezeichnet.

Weiterhin zeigt der Vf., dass das Verfahren der Lamennais'schen Propaganda vom J. 1830 ganz gleich sey dem der encyclicistischen (so nennt er dieselbe von ihrer Anhänglichkeit an die Encyclica Gregor's XVI.) und bringt hier eine beissende aber sehr wahre Bemerkung gegen Msgre Capaccini bey, der 1830 mit jener Propaganda an dem Sturze König Wilhelms arbeitete, während ihn derselbe mit Vertrauen beehrte. Dann zu den Angriffen selbst übergehend, namentlich zu denen des livre rouge, dessen piquanteste Partieen vom Journal historique mitgetheilt wurden, weiset der Vf. nach, dass die Propaganda den Kampf gegen Preussen gerade auf das politische Gebiet versetzt und ihn hier durch Lüge und Uebertreibung mit der äussersten Erbitterung geführt habe. Dadurch habe diese Partei und ihr Organ die offenen Vorwürfe revolutionärer Umtriebe verdient, die ihnen die Preuss. Regierung gemacht und worauf der Bischof auf die naivste Art mit lammfrommer Miene geantwortet habe.

Im Folgenden (Kap. XIII.) geht der Vf. näher in die Natur und den Zusammenhang jener propagandistischen Umtriebe und Angriffe gegen Preussen ein

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REISEBESCHREIBUNG.

CAMBRIDGE U. LONDON: Travels in Crete by Robert Pashley. 1837. 8. Vol. I. LX u. 321 S. Vol. II. XI u. 326 S.

Herr Pashley hat sich durch Bekanntmachung seiner Reise ein um so grösseres Verdienst erworben, als diese nicht in die Klasse der gewöhnlichen Reiseberichte gehört, sondern durch die Gründlichkeit der Forschungen, so wie durch die Neuheit der berührten Gegenstände wissenschaftliche Anerkennung verdient. Wenn der Vf. keineswegs den englischen Touristen beigesellt werden kann, welche oft nur um der Langenweile zu Hause zu entgehn, den Wanderstab ergreifen und in ihren Berichten nichts anders als ein Denkmal der eigenen unbedeutenden Persönlichkeit hinterlassen; so lernen wir vielmehr in dem Vf. einen Mann kennen, welcher mit einem regen Forschungsgeist zugleich einen nicht gewöhnlichen Grad von Einsicht in die Verhältnisse und Kenntniss der alten und neuern Sprachen des Orients verbindet und überhaupt im Besitz aller der gelehrten Mittel ist, die als nothwendiges Erforderniss bei einer gründlichen Untersuchung auf dem Gebiete einer durch das classische Alterthum geheiligten und durch bedeutende Bezüge der neueren Geschichte interessanten Localität vorausgesetzt werden. Dabei ist noch besonders hervor

Kap. XV. XVI giebt der Vf. eine Parallele zwischen den ultramontanen Religionsbeschwerden in Belgien 1830 und in Preussen heut zu Tage. Ein treffenderes Wort, als das S. 139 141 über die je141 über die je suitische Tactik der ultramontanen Partei hinsichts ihrer Behandlung von Religionsbeschwerden gegen die Regierungen gesagte, ist noch nirgends gedruckt; es erklärt die belgische Revolution vollkommen. Der Vf. führt nun seine Parallele durch die einzelnen Punkte der Religionsbeschwerden: Volksunterricht, Censur, Anstellung der Katholiken zu Staatsämtern, Synoden, Klöster, Placat, Besetzung der Kirchenamter, Begünstigung der Bibelgesellschaften, Verleihung kath. Kirchengebäude an die Protestanten. Gerade dieselben Religionsbeschwerden habe vor 1830 von Holland vorgebracht und auf sie die Behauptung gestützt, er habe Belgien decatholisiren wollen; täglich habe die damalige Propaganda diesen Satz dem Volke zugeschichte, rufen und dadurch hauptsächlich dasselbe irregeleitet

der belgische Clerus gegen den Könina

und zur Revolution getrieben. Dieselben Beschwerden erhebe die neuere jesuitische Propaganda unaufhörlich gegen die Preuss. Regierung, wende aber dazu noch allerhand neue Manoeuvres, z. B. Collecten für die antihermesianischen Studenten in Bonn und dergl. an.

Wer das ganze Buch mit Aufmerksamkeit gelesen, wer damit die neucren Eröffnungen, die de Potter, Thielemanns, Bartels über die belgische Revolution und die Belgisch - Rheinische Conföderation seit 1837 bekanut gemacht haben, vergleicht, wird nicht lange mehr in Zweifel seyn, wo die Beweise zu suchen sind für die Behauptung des Preuss. Ministeriums, es seyen unverkennbare Spuren, dass Clemens August unter dem Einflusse zweier revolutionären Parteien gestanden habe und es wäre zu wünschen, dass eine gewandte Feder den vorhandenen reichen Stoff der genannten Schriften benutzte, um jenen Beweis wirklich zu führen.

zuheben, dass wenn auch. Hr. Pashley in manchen Ansichten, namentlich über alte Mythologie und Geschichte, als Engländer den Standpunkt einer in diesem Betracht noch etwas befangenen Bildung nicht verleugnet, derselbe doch die genaueste Bekanntschaft mit dem Stand der neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Alterthumskundę verräth, was sich namentlich in der durchweg stattfindenden Benutzung der einschlägigen Deutschen Litteratur kund giebt, wo wir der Anführung der gerühmtesten und selbst auch weniger gerühmten Schriften aus diesem Gebiet begegnen, und es mag wohl zur Erweiterung dieser Bekanntschaft der Aufenthalt des Vfs. in Deutschland während des Winters 1835 (s. Thl. I. S. X) nicht wenig beigetragen haben. Müssen wir sonach die Gelehrsamkeit und Belesenheit, wovon der Vf. überall Beweise giebt, in vollem Maasse anerkennen, so dürfen wir uns doch nicht verhehlen, dass eine Beschränkung derselben rücksichtlich des davon gemachten Gebrauchs um so wünschenswerther gewesen seyn möchte, als sich der Vf. durch die ihm wie von selbst zuströmende Fülle von Observationen nur zu oft von dem Gegenstande ableiten lässt, wo

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