Stimmen des Bluts: Novellen

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S. Fischer, 1909 - 140 Seiten
 

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Beliebte Passagen

Seite 74 - Die paar Monate sind keine Ewigkeit, man stellt sich das immer viel ärger vor." Dann plauschten wir noch so. Zuwider wäre, daß sie sich nicht schreiben könnten. Ginge aber nicht, um ihn nicht verdächtig zu machen. Und dann war er traurig, daß sie kein Kind hatten. Das hatte mir Lenke schon einmal erzählt, daß er sich das so sehr wünschte. Wenn ich ihn bisweilen ganz verändert und oft tagelang schweigsam fand, so sei, meinte sie, nur dies der Grund. Sie wünschte sich auch ein Kind, konnte...
Seite 39 - Sie sprach sich heiß und rot. Dann, sich schüttelnd, sagte sie noch: „Ich weiß schon, daß es nicht die richtigen Worte sind, aber ich weiß, ich habe recht." „Du bist seine Tochter," sagte Alban. „Und," fuhr sie fort, „hättest du mir jetzt bewiesen, daß wir Geschwister sind — nun, vielleicht hätte ich mich verwirren lassen, wochenlang vielleicht, aber ich wäre durchgekommen. Am Ende doch. Bin ich deine Schwester, wenn ich als Frau für dich fühle? Was ich fühle, bin ich. Das ist...
Seite 61 - Nach einer Pause sagte der Schulrat, sehr nachdenklich: „Warum du aber deswegen nicht geheiratet hast, das kann ich doch eigentlich nicht verstehen." „Aber das kommt doch erst," sagte der Hofrat. „Ach so, das kommt noch," sagte der Schulrat. „Ja, das kommt noch," sagte der Major und sah auf die Uhr. „Teufel, ich muß mich aber tummeln, es wird spät.
Seite 40 - Du bist seine Tochter", sagte Alban. „Und", fuhr sie fort, „hättest du mir jetzt bewiesen, daß wir Geschwister sind — nun, vielleicht hätte ich mich verwirren lassen, wochenlang vielleicht, aber ich wäre durchgekommen. Am Ende doch. Bin ich deine Schwester, wenn ich als Frau für dich fühle? Was ich fühle, bin ich. Das ist meine Sicherheit, welche gibt es sonst? Soll ich es mir vom Namen vorschreiben lassen? Ich heiße deine Schwester, also sei mein Gefühl danach? Ich heiße deine Frau,...
Seite 91 - ... erwachte. Man mußte mir erst nach und nach alles erzählen. Ihr war es besser gegangen; sie hatte sich nur die Hand ein wenig verstaucht. Als ich aus dem Spital kam, war der Hauptmann schon zurück. Wir konnten aber unseren alten Ton nicht mehr finden, alle drei nicht. Ich weiß nicht, was er sich dachte. Es war wohl auch meine Schuld, weil ich mich wirklich benahm, wie wenn einer ein schlechtes Gewissen hat. Und doch muß ich heute noch sagen, daß ich mir nichts vorzuwerfen habe. So wenig...
Seite 89 - Das weiß ich noch. Und ein unglaublich schöner Tag, der Himmel so glitzernd, als hätten einmal die Sterne von der Nacht Urlaub bekommen, über den Tag zu bleiben. Und kein Hauch; alle Winde zugefroren. Anfangs, als Lenke die jungen Engländer auf ihren langen Rodeln immer zu zweit...
Seite 70 - ... sie nicht. Und wenn sie was nicht mochte, sprach sie dann oft den ganzen Tag kein Wort mehr, ihr schmales Gesicht wurde ganz gelb, und man sah ihr den Zorn an der kleinen, etwas zu kurzen Nase an. Hübsch fand ich sie nämlich überhaupt nicht, gar nicht. Ich hörte einmal einen Soldaten zum...
Seite 50 - Weil man zu gescheit ist! Und denkt an alles und will ganz sicher gehen und wartet immer noch zu. Und dann sitzt man am Ende so da! Freilich kann man sich wenigstens sagen: Du hast nie eine Dummheit gemacht! Aber wer weiß?
Seite 44 - Sie hörte seinen Schmerz. Und sie schmiegte sich an ihn und sagte: „Ich hab dich lieb! Wir haben uns doch so lieb! Was brauchst du noch mehr? Was geht uns denn dies alles noch an? Wir haben uns lieb! Hier beginnt unser eigenes Leben, jetzt! Unser eigenes Leben aus uns selbst!
Seite 92 - Da müßte man ja rein glauben, daß ein Mensch auf einmal anders wird, als er ist." „Vielleicht," sagte der Major. „Schrecklich wäre das," sagte der Hofrat. „Wer weiß?" sagte der Major. Dann hob er sein Glas, sie stießen noch einmal an und tranken aus. Er sah auf die Uhr und sagte: „Und so geht man jetzt schön nach Haus und legt sich still ins Bett, das ist noch das Beste.

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